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Nicht zu unterschätzende Gefahr

■ betr.: „Pilzausstellung“ von Ga briele Goettle, taz vom 25. 9. 95

[...] Was da gesagt wurde, hat mir an einigen Stellen des Artikels ein gewisses gedankliches „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“ verursacht. [...]

Unter den heimischen Großpilzen gibt es mehr als vier Pilzarten, die zum Tode führen können, und die Zahl der insgesamt als giftig zu bezeichnenden Pilze übertrifft die 30 um ein vielfaches. Allein die Gattung der Rißpilze bietet nicht nur den genannten Ziegelroten Rißpilz als Giftpilz, sondern umfaßt zirka 130 Arten, die zumeist als giftig beziehungsweise wenigstens giftverdächtig gelten (immerhin befindet sich unter ihnen ein anerkannter Speisepilz). Nicht zu unterschätzen ist hierbei die Gefahr für spielende Kinder auf Rasen und in Parkanlagen, wo sich auch etliche Rißpilz-Arten sehr wohlfühlen ...!

Die Behauptung, es gäbe nur zirka 30 Giftpilze, ist außerdem deshalb leichtfertig, weil bei vielen Pilzen überhaupt noch keine zuverlässigen Angaben über die Eßbarkeit vorliegen.

Der Artikel vermittelt den Eindruck, als wäre der tödlich giftige Grüne Knollenblätterpilz eher selten anzutreffen. Doch ganz so rar macht er sich nicht. Mitunter genügt schon der Gang in den nahegelegenen Park, um ihn insbesondere unter Eichen zu finden. In der Nähe eines Wohnheims am U-Bahnhof Britz-Süd wurden übrigens vor einer Parkanlage sogar extra Hinweisschilder auf giftige Pilze aufgestellt – der Grüne Knollenblätterpilz war dort schon zu finden.

Ich hoffe, daß niemand die Ratschläge des beschriebenen Herrn in Shorts und buntem Hemd befolgt. Der Giftgehalt in Fliegenpilzen kann in einzelnen Exemplaren unterschiedlich hoch sein – auch junge, skalpierte Fliegenpilze können also dazu führen, daß man unverhofft in einem zunächst recht ungewohnten weißgestrichenen Zimmer aufwacht.

Dasselbe – aber heimtückischer – kann einem nach dem Genuß Kahler Kremplinge blühen, enthält doch dieser häufige Pilz einen Giftstoff, der sich im Körper summiert, bis die Schwelle zur Vergiftung überschritten wird. Preisfrage: Wann ist dieser Punkt erreicht? Soviel die Wissenschaft auch weiß: das nun gerade nicht.

Weil man mit Pilzen sehr leicht die Gesundheit ruinieren kann, dürfte eine Zeitung wie die taz solche Auffassungen wie die in dem Artikel enthaltenen nicht unkommentiert lassen. Bleibt zu hoffen, daß diese Behauptungen von den taz-Lesern nicht wörtlich genommen werden – ansonsten könnte die taz bald mit dem Versuch beschäftigt sein, mit der neugewonnenen (zahlenden) Leserschaft die Lücken zu schließen, die durch die zuvor hingeschiedenen Abonnenten entstanden sind. Hansjörg Beyer, Berlin

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