: „Nicht in die eigene Tasche lügen“
■ Wissenschaftssenator Hajen zu Autonomie und Globalhaushalt
taz : Die Grünen wollen mehr Hochschul-Autonomie. Geht das auch mit einem Senator Hajen?
Hajen: Ja. Mehr Autonomie bedeutet aber auch mehr Verantwortung. Ich will zum Beispiel den Hochschulen ab 1994 schrittweise die Bauaufgaben übertragen. Dazu gehört, daß sie Effektivität und Transparenz in die Raumvergabe bringen. Stichwort Stellingen: Hier liegt mir immer noch keine Begründung vor, warum ausgerechnet das Institut für Hochschuldidaktik zur Informatik passen soll.
Die Uni hat das Gelände in Stellingen ja nie gewollt.
Aber an der Uni herrscht Raumnot. Andere Flächen gibt es nicht. Zurück zu Ihrer Frage: Im Bereich Forschung und Lehre sind die Hochschulen ja bereits autonom. Die Gesellschaft hat aber auch ein Recht mitzubestimmen, wofür Steuergelder verwendet werden. Zum Beispiel zu sagen: Wir wollen mehr Umweltforschung oder ein Zentrum für Gebärdensprache. Und Politik hat auch eine Schutzfunktion für die Studierenden, die wegen des Hochschulrahmengesetzes ja nur wenig Mitbestimmungsrechte haben. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Herrschaft der Professoren vorerst zementiert. Wie sich das auswirken kann, sieht man ja an der Vernachlässigung der Lehre. Also: Mehr Autonomie ja, aber keine Rückkehr der Ordinarien.
Was spricht dagegen, die Genehmigungsrechte der Behörde in Fragen der Berufungen und der Lehrplanung einzuschränken?
Zur Genehmigung: ganz einfach das Beamtenrecht. Ich meine allerdings, daß Professoren keine Beamten sein müssen. Über eine breite Unterstützung der Universität bei dieser Forderung würde ich mich freuen. In keinem anderen Bundesland haben die Hochschulen bei Berufungen soviel Rechte wie in Hamburg. Die Professoren suchen sich ihre KollegInnen praktisch selbst aus. Die Behörde prüft nur die Rechtmäßigkeit des Verfahrens. Das ist prinzipiell auch gut so. Allerdings gibt es damit nicht nur gute Erfahrungen. Gute Lehre, zum Beispiel, wird als Qualifikation noch immer nicht angemessen bewertet. Selbst bei Berufungen für Erziehungswissenschaften ist offenbar die eigene Schulzeit und das Referendariat ausreichender Nachweis für praktische Lehrerfahrung.
Uni-Präsident Lüthje hat wiederholt die Globalisierung seines Haushalts gefordert. Was spricht dagegen?
An der TU-Harburg sammeln wir Erfahrungen mit einem Globalhaushalt und prüfen danach, ob dies auf die viel größere und heterogenere Uni übertragen werden kann. Aber wir sollten uns nicht in die eigene Tasche lügen: Ein Globalhaushalt bedeutet nicht mehr Geld. Abgesehen davon kann die Uni schon heute in bemerkenswertem Umfang Haushaltsmittel eigenverantwortlich verplanen. Die Mittel für Forschung und Lehre, die in den letzten zwei Jahren deutlich erhöht wurden, sind gegenseitig deckungsfähig.
Viel Zorn ruft in Uni-Kreisen die hohe Vakanzrate hervor. Kämpfen Sie für ihre Abschaffung?
Ja, daß sie deutlich verringert wird. Die Bewirtschaftungsauflagen drücken die Hochschulen zu stark. Aber auch hier gehört zur Ehrlichkeit: Die Wirtschafts- und Haushaltslage der Stadt, die insgesamt zu Einsparungen zwingt, kann nicht durch bloßes Wünschen geändert werden.
Möchten Sie Senator bleiben?
Aber hallo: Ja!
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