■ Kommentar: Nicht genug
Wenigstens etwas. Wenigstens das ist bewirkt worden: Dialle D. hat seine Papiere wieder, er darf offiziell und bürokratisch abgesegnet in Hamburg leben und arbeiten. Die Veröffentlichung seines Falles in der taz hamburg vor sieben Wochen hat seine Abschiebung verhindert.
Wenigstens etwas, das durch öffentlichen Druck erreicht wurde, wenigstens ein Stück Gerechtigkeit.
Die Veröffentlichung dieses Falles hat aber auch den größten Polizeiskandal in der Hamburger Geschichte aufgedeckt. Das untragbare Gebaren der Ausländerbehörde rückte ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit wie nie zuvor. Ausländerfeindlichkeit und Rassismus in der Hamburger Polizei wurden erstmals ernsthaft thematisiert.
Innensenator Werner Hackmann nahm seinen Hut, weil er diese Tendenzen nicht länger verantworten konnte oder wollte und weil er den, so wörtlich, „unseligen Corpsgeist“ in der Polizeitruppe nicht länger ertrug.
Ein gesamter Einsatzzug wurde vom Dienst suspendiert und wieder eingesetzt, Hunderte von Ermittlungsverfahren gegen Polizisten, die sang- und klanglos eingestellt worden waren, werden erneut überprüft, einige wenige Beamte fanden den Mut, die Schweigemauer falsch verstandener Kollegialität zu durchbrechen und gegen ihre Kollegen auszusagen.
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuß wurde eingesetzt, der im nächsten Monat, wie es immer so schön heißt, alles „rückhaltlos aufklären“ will. Warten wir es ab.
Das bislang einzige greifbare Ergebnis des Hamburger Polizeiskandals: Ein Stück Gerechtigkeit für Dialle D..
Das ist nicht genug.
Sven-Michael Veit
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