Vor hundert Jahren (5): Nicht entschieden
■ Touristen sind zu Fuß schneller
Schwerfällige Entscheidungsprozesse, langatmige Debatten, noch längere Zänkereien: Das wurde und wird gemeinhin unter den Begriffen „Ampel Gehampel“ oder – neuerdings und besonders in dieser Zeitung – „Koalitionskrach“ abgehandelt. Doch, werte Leserschaft, wie unsere Mitarbeiterin Anja Robert im Archiv herausgefunden hat, haben auch diese Schattenseiten des politischen Alltagsgeschäfts Vergangenheit.
Eine recht bedauerliche Thatsache ist es, daß die Verhandlungen der Bürgerschaft betreffs Einführung des elektrischen Betriebes auf den Strecken der Großen Bremer Pferdebahn wieder einmal ruhen! Man sollte meinen, eine solche für die Stadt wichtige Sache müßte das Hauptinteresse in Anspruch nehmen, zumal die jetzigen Zustände der Pferdebahn einfach schreckliche sind! Fahren da hauptsächlich die kleinen Wagen, 14 Personen fassend, bei dem heutigen Verkehr und wie häufig passirt es da, daß man in den schon überfüllten Wagen einfach nicht mehr aufgenommen wird! Doch wer des Pudels Kern kennen lernen will, der fahre zum Thore hinaus, hier erst findet man die richtige Gemüthlichkeit! Es ist eine große Seltenheit, wenn man nicht an jeder Weiche warten müßte, und man braucht gerade nicht Mitglied des Touristenclubs zu sein, um sein Ziel zu Fuß eher zu erreichen, als mit der Pferdebahn! Eine recht baldige Erledigung dieser Sache wäre ein Bedürfnis für unser schönes Bremen. Bremer Nachrichten vom 12.1.1897
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