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„Nicht der Himmel auf Erden“

■ Bürgerschaft debattierte den vom Senat beschlossenen Verkauf der bunten Häuser am Hafenrand an die Genossenschaft „Alternativen am Elbufer“

Ein letztes Mal bäumten sich die Gegner des „Terroristen-Nests“ Hafenstraße gestern in der Hamburger Bürgerschaft auf. Zur Debatte stand der Verkauf der bunten „Chaoten“-Häuser an die eigens gegründete Genossenschaft „Alternativen am Elbufer“. Wegen der von der CDU beantragten namentlichen Abstimmung stand das Ergebnis bei Redaktionsschluß noch nicht fest.

An der Zustimmung der Bürgerschaft zu dem vom Senat vorgelegten Verkaufsvertrag gab es jedoch kaum noch Zweifel: 63 der 121 Feierabendparlamentarier hatten sich im Vorfeld dazu bekannt, für das von Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) ausgehandelte Vertragswerk zu votieren. Der bat denn auch darum, „einer Lösung zuzustimmen, die auch Schwächen hat, deren Risiken wir erkennen und offen darlegen. Wir können deshalb niemandem die Entscheidung leicht machen“. Die Genossenschaft verdiene „Anerkennung und nicht Herabsetzung“.

Vor allem die CDU-Fraktion versuchte in der Bürgerschaftsdebatte, der Lösung des 15 Jahre alten Konflikts mit dem Vorwurf, die Hafenstraßen-Häuser würden unter Wert verkauft, ein letztes Mal Steine in den Weg zu legen: „Aus Gründen der Gerechtigkeit hätten die Altschulden von der Genossenschaft übernommen werden müssen“, wiederkäute CDU-Chef Ole von Beust die sattsam bekannte Kritik am „politischen Preis“ für die Hafenstraßen-Häuser. Außerdem sei es nur „eine mutmaßliche Beendigung des Konflikts“, verlangte von Beust eine Garantie für die zukünftige staatstragende Friedlichkeit der Hafensträßler. „Deshalb mein Appell: Lassen Sie uns die Chance nutzen und nachverhandeln!“

Die oppositionelle GAL, die Statt-Gruppe und die Mehrheit der SPD-Fraktion verteidigten hingegen das Vertragswerk. „Wir freuen uns über den vorliegenden Kaufvertrag“, verkündete GALierin und Genossenschaftsmitglied Susanne Uhl. „Der Vertrag verspricht niemandem den Himmel auf Erden; es kommen steigenden Mieten und viel Eigenarbeit auf die Bewohner zu.“ Zugeständnisse habe es auf beiden Seiten gegeben: „Alle Seiten haben Kröten schlucken müssen“.

Der Vertrag umfaßt zwölf Altbauten, darunter auch Gebäude, die in Besetzungen und Häuserkampf nicht einbezogen waren. Der Kaufpreis von gut zwei Millionen Mark ist in drei Raten über sechs Jahre zahlbar. Ein Gutachterausschuß hatte den Gesamtwert unabhängig vom Zustand der Häuser mit 2,7 Millionen Mark angegeben. Von den Altschulden ehemaliger und jetziger Bewohner etwa für Miete und Strom in Höhe von gut 460.000 Mark übernimmt die Genossenschaft die Hälfte. Die anderen 50 Prozent verfallen. sim/smv

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