Nicaraguanische Zeitung verkauft: Ortega doch kein Verleger
In Nicaragua wollte der Präsident die regierungskritische Zeitung "El Nuevo Diario" kaufen. Nun schnappte ihm ein Unternehmer das Blatt vor der Nase weg.
NICARAGUA taz | Die Absicht des nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega, die in die Krise geratene regierungskritische Tageszeitung El Nuevo Diario zu kaufen, hatte ein regelrechtes Bieterrennen. Nun ist es zu Ende, neuer Eigentümer des Blattes wird Ramiro Ortiz Mayorga, der Patriarch der zweitgrößten Unternehmensgruppe des Landes.
Der bevorstehende Verkauf der Zeitung an Ortega war in Nicaragua als Skandal bewertet worden. Denn das landesweit erscheinende Blatt - ein Kind der sandinistischen Revolution von 1979 - hatte in den vergangenen Jahren zu den schärfsten Kritikern des Präsidenten gehört. Ortega wollte das unbequeme Blatt im eben beginnenden Wahlkampf um seine Wiederwahl Anfang November auf Linie bringen.
Darauf gab die Grupo Pellas, das finanzkräftigste Wirtschaftskonglomerat des Landes, die Übernahme der Aktienmehrheit bekannt. Auch die Beschäftigten der Zeitung waren bereits informiert. Damit war Ortega zwar offiziell aus dem Rennen, doch auch Firmenchef Carlos Pellas unterstützt den Präsidenten im Wahlkampf. Doch dieser Deal hielt auch nur gerade einmal zwei Tage. Dann übernahm Ortiz Mayorga die gesamten zum Verkauf stehenden 61 Prozent der El-Nuevo-Diario-Aktien. Der Verkauf sei jetzt absolut sicher, sagte Vorbesitzer Francisco Chamorro. Die Grupo Pellas zog sich zurück.
Ortiz Mayorga gilt als zweitreichster Mann Nicaraguas. Seine Unternehmensgruppe Promérica besitzt eine Bank und ist im Handel, Tourismus und der Lebensmittelindustrie aktiv. Auch Ortiz Mayorga zählt nicht zu den Kritikern Ortegas, der ohnehin noch direkte Kontakte ins Blatt hat: Zwei seiner engsten politischen Weggefährten halten weitere 12 Prozent der Aktien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich