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Next Stop NaganoLäuse im Pelz

■ Wissenswertes über Schneeaffen, die sehr sympathisch sind – und Sportartikelfirmen

Bei ihrem Sieg im Super-G trug die US-Amerikanerin Picabo Street einen Tigerhelm, unter anderem, weil Tiger eine bedrohte Tierart seien. Beim Abfahrtslauf am Sankt-Nimmerleins-Tag sollte sie es vielleicht mal mit einer Schneeaffen-Kopfbedeckung versuchen.

Die sympathischen Tierchen, die etwa Paviangröße erreichen, aber geschmackvollere Hinterteile aufweisen, leben in den japanischen Bergen, einige hundert davon im Jigokudani-Wildaffen-Park nahe Yamanouchi, der Stätte der olympischen Snowboard-Wettbewerbe. Dort sitzen sie den lieben langen Tag auf Bäumen oder auch Geländern, lausen sich vergnügt, rutschen die Abhänge hinunter oder kuscheln sich einfach aneinander.

Sie mögen wohl Schneeaffen sein, aber ein bißchen Wärme wissen auch sie zu schätzen. Deswegen zieht es sie besonders häufig zur heißen Quelle, die sich auf ihrem Gelände befindet, und als echte Japaner geben sie sich dort einem ausgiebigen Baderitual hin. In Gruppen oder einzeln hockt der Schneeaffe im warmen Wasser wie eine amerikanische Filmdiva in ihrem Whirlpool.

An eklig-regnerischen Tagen wie gestern überkommt den Parkbesucher nicht geringe Lust, sich diesem Treiben anzuschließen und selbst ein Plätzchen in der Quelle zu beanspruchen. Doch von solchem Tun wird abgeraten. Der Schneeaffe sei „kein liebenswürdiges Tier“, heißt es im Merkblatt, das am Eingang verteilt wird, denunziatorisch. Stimmt nicht: Der Boß der Affenbande, der im übrigen nicht King Louie heißt, sondern Hanno, gewährt Besuchern sogar das Privileg, sich neben ihn zu plazieren, und blinzelt bereitwilig die Fotoapparate an, so freundlich es ihm eben möglich ist. Das Idyll täuscht jedoch ein wenig, wie Tierschützer enthüllen, die vor dem Pressezentrum in Nagano Flugblätter verteilen. Der Schneeaffe steht auf der Liste der bedrohten Arten, dennoch gibt es in Japan keine Schutzmaßnahmen für ihn.

Allein 1996 wurden 10.000 Affen in Japan getötet, 1.000 davon in der Region Nagano, weil sie so gern Felder und Obstbäume plündern. Selbst im Affenpark von Jigokudani sind sie nicht sicher. Im letzten Jahr wurden 80 Tiere gefangen und in Zoos nach China verbannt, 200 sollen sogar als Versuchstiere verkauft werden. Die Tierschützer fordern dazu auf, bei der japanischen Regierung größeren Schutz für die Schneeaffen zu fordern. Freundlicherweise liefern sie die Faxnummer des Premierministers Ryutaro Hashimoto mit, die wir natürlich gern weitergeben: (0081) 3-3581 3883.

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Ambush-Marketing, Werbung aus dem Hinterhalt, ist eine Sache, die das Internationale Olympische Komitee (IOC) erbittert zu bekämpfen versucht. Unternehmen schleichen sich in die Spiele ein, werden Teil von ihnen oder erwecken den Eindruck, ein Teil zu sein, ohne einen Cent in den aufnahmefreudigen Sponsortopf des IOC einzuzahlen. Besonders geschickt stellt sich die Firma Nike an. Dazu benutzt sie die bei ihr unter Vertrag stehenden Sportler, neuerdings aber auch Fernsehjournalisten. Die Moderatoren des US-amerikanischen Olympia-Senders CBS wurden von Nike komplett mit Kleidung ausgestattet, so daß jetzt bei jeder Sendung der Swoosh, das Symbol der Firma, deutlich sichtbar ist.

Dies gewährleistet allerbeste Prime-time-Präsenz. In den Nachrichtensendungen der CBS fehlt das Logo allerdings, da die Sprecher, wie die meisten anderen Sender auch, solches Sponsoring ablehnen. CBS Sports findet den Deal jedoch völlig normal, Aufsehen gebe es bloß, weil es Nike sei und deren Symbol so deutlich erkennbar. Besonders pikant: Um Platz für den Swoosh zu schaffen, mußten auf der Kleidung die olympischen Ringe weichen. Matti

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