Neuwahlen in den Niederlanden : Alle sollen gemeinsam sparen

Der amtierende Ministerpräsident Mark Rutte fordert alle Parteien zu gemeinsamem Handeln auf. Motto: Sparen, sparen, sparen. Neuwahlen gibt es wohl im September.

Hat zunehmend Kritiker in den eigenen Reihen: PVV-Chef Geerd Wilders. Bild: dapd

ARNHEIM taz | Nach dem Zusammenbruch der Mitte-rechts-Regierung in Den Haag nehmen die niederländischen Parteien Kurs auf Neuwahlen Anfang September. Als möglicher Wahltermin wurde meist der 5. September genannt. Zuvor waren die Sozialdemokraten, die mit 30 der 150 Parlamentsmandate die größte Oppositionsfraktion stellen, von ihrer Forderung nach Neuwahlen am 27. Juni abgerückt.Vor allem die mit 23 Abgeordneten vertretene Freiheitspartei des Rechtspopulisten Geert Wilders hatte einen Wahltermin im September verlangt.

Die von Wilders geduldete Minderheitsregierung von Rechtsliberalen (VVD) und Christdemokraten (CDA) unter Ministerpräsident Mark Rutte war über den Streit über ein Sparpaket auseinandergebrochen.

Dennoch muss das Land bis zum 30. April in Brüssel den Haushaltsplan 2013 einreichen, der Einsparungen von 16 Milliarden Euro vorsehen soll.

Rutte äußerte am Dienstag in der ersten Parlamentsdebatte nach dem Rücktritt der Regierung die Hoffnung, gemeinsam mit anderen Parteien eine Lösung zu finden, um das Land durch eine schwierige Phase zu lotsen.

„Stillstand ist nicht gut für die Niederlande“, sagte er. „Nun hat das Parlament und anschließend der Wähler das Wort.“ Oppositionsparteien hatten bereits vorab signalisiert, dass sie Gespräche wollen.

Sparpaket ist notwendig

Die Partei Christen Unie, GroenLinks und die linksliberale Partei D 66 wollen an einem Sparpaket und an Reformen mitwirken. Auch die Sozialdemokraten mit dem neuen Fraktionsvorsitzenden Diederik Samsom hatten bereits vor zwei Wochen Pläne für Reformen bekannt gegeben.

Wilders hatte die Heraufsetzung des Rentenalters von 65 auf 66 Jahre zum Anlass genommen, die Regierung nicht länger zu dulden. Er sprach von einem Diktat aus Brüssel. Niederländische Rentner müssten für unsinnige Forderungen aus Brüssel bluten.

Vorwurf: Das sind Lügen

„Ich konnte nicht anders“, erklärte Wilders gestern. Entweder entscheide er sich für Henk und Ingrid, das sind seine Modellniederländer, oder für Brüssel.

EU-Kommissarin Neelie Kroes griff Wilders wegen dieser Äußerungen scharf an. Sie wies ihn darauf hin, dass Politiker, die Brüssel die Schuld geben, die Realität aus den Augen verloren hätten. Mit Lügen solle man keinen Wahlkampf führen, so Kroes.

Auch Ruard Ganzevoort, Professor für Theologie und Abgeordneter von GroenLinks in der Eerste Kamer, dem Bundesrat, kommentierte Wilders Erklärung gegenüber der taz so: „Wilders hat sehr stark auf die Griechen geschimpft, die sich an Regeln halten müssten.“ Er habe sich in letzter Zeit überhaupt nicht um die Rentner gekümmert.

Unmut in der Provinz

Selbst in seiner eigenen Partei schlägt Wilders in jüngster Zeit Unmut über seinen Kurs entgegen. Neben dem Haager Parlamentarier Hero Brinkman, der jüngst aus Protest die PVV verließ, wenden sich auch in den Provinzen Parteipolitiker von Wilders ab.

Die Lage erinnert inzwischen an die Liste von Pim Fortuyn, dem Vorgänger Wilders, dessen Partei sich letztlich im Chaos auflöste.

Ganzevoort beurteilt die entstandene Situation nach dem Fall der Regierung eher ambivalent. „Es ist nicht gut, dass wir in einer Regierungskrise sind, aber es war auch nicht gut, ein solches Kabinett zu haben. Deshalb bin ich froh, dass dieser Zustand ein Ende findet.“

Vorgaben einhalten

Die Regierung Rutte hatte die Europäische Kommission stets dazu gedrängt, streng auf die Einhaltung der 3-Prozent-Klausel zu achten. Nun muss das Land dieser Forderung selbst entsprechen.

„Kurzfristig für ein Sparpaket zu sorgen, scheint mir wichtig“, so Ruard Ganzevoort, das Reformpaket sei nötig. Die Niederlande wollen trotz der Regierungskrise den wertvollen Triple-A-Status behalten.

Vorerst genossen die Niederlande jedoch das Vertrauen der Anleihemärkte weiter. Am Dienstag deckte sich das Land erfolgreich mit frischem Geld ein. Die Ratingagentur Moody's behielt die Einstufung als Topschuldner bei.

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