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■ KURZMELDERNeues vom Multikulturkongreß

Gestern wurde noch einmal das endgültige Programm des Kongresses Kulturelle Vielfalt Europa · Bilanz und Perspektiven für eine neue Geselschaft in Deutschland und Europa vorgestellt. Die Veranstaltung, die vom 5. bis zum 7. November stattfindet, muß — wie mehrfach berichtet — der konstituierenden Sitzung des Bundesrats weichen und wird nun statt im Haus der Kulturen der Welt in der Kongreßhalle in der Akademie der Künste in der Hermann- Matern-Straße und im Konferenzsaal der Charité laufen.

Gestern wurde noch einmal darauf hingewiesen, daß die Veranstalter — die Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen, das Haus der Kulturen der Welt, das Künstlerhaus Bethanien, die Kulturpolitische Gesellschaft sowie Senats- und Magistratsverwaltungen für Kulturelle Angelegenheiten — die Probleme der multikulturellen Gesellschaft nicht nur darlegen, sondern auch konkrete Lösungsmöglichkeiten und Perspektiven für eine neue Gesellschaft in Deutschland und Europa aufzeigen wollen.

Durch das neueste Urteil des Bundesverfassungsgerichts gegen das kommunale AusländerInnenwahlrecht bekommt der Kongreß noch eine zusätzliche Brisanz. Die Veranstalter äußerten sich dann auch entsprechend. Die Referentin der Ausländerbeauftragen der Bundesregierung, Beate Winkler, die selbst Juristin ist, sagte, das Urteil sei ein Beispiel für »Interessenjustiz« und für den schlechten Umgang der Mehrheit mit der Minderheit. Es habe sich gezeigt, »daß wir ein anderes gesellschaftliches Klima brauchen«.

Olaf Schwencke, Studienleiter der Evangelischen Akademie Loccum und Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, hält das Urteil »für ein Unglück« und für einen »immensen Schritt zurück. Wir waren auch in der breiten Öffentlichkeit schon weiter.« Michael Haerdter, Leiter des Künstlerhauses Bethanien, wiederum fand, daß dieses »Skandalon« heftige öffentliche Diskussionen auslösen wird, die langfristig sogar weiterbringen könnten, besonders auch im Hinblick auf Europa.

Kongreßthemen werden unter anderen Ursachen des Nationalismus, gesellschaftliche und politische Voraussetzungen für multikulturelles Zusammenleben und die Verantwortung für die Entwicklungsländer sein. Gleichzeitig sollen Erfahrungen mit der multikulturellen Gesellschaft in früherer Zeit (Hugenotten, Polen, Juden) dargelegt werden. In einer »Zukunftswerkstatt« sollen Arbeitsgruppen gebildet werden zu den Themen »Politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen«, »Interkulturelle Bildung, Soziokultur und Medien«, »Kultur und ihre Vermittlung« sowie »Planmodell einer multikulturellen Stadt«.

Die Teilnehmerliste verzeichnet 36 Gäste, darunter viele prominente Kulturschaffende und -politiker aus allen Kontinenten. Zur Eröffnung werden der Präsident des internationalen PEN-Clubs, György Konrad, die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Liselotte Funcke, und der Journalist und Lyriker Vishnu Khare aus Neu-Delhi Gedanken zu einer neuen europäischen Gesellschaft darlegen. Aus der ehemaligen DDR sind bei dem Kongreß die Ausländerbeauftragte des Berliner Magistrats, Anetta Kahane, und die Ethnologin Irene Runge vertreten.

Die Vorträge, Diskussionsergebnisse und konkreten Vorschläge des Kongresses sollen anschließend als Buch veröffentlicht werden.

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