Neues aus der Gutachterstadt: Schultes Entscheidungsnot
■ Roland Berger will Kultursenator für 500.000 Mark beraten
Was ist ein politischer Entspannungsversuch wert? Der Kurs dafür steht derzeit auf 500.000 Mark. Für eben diesen Betrag will die Unternehmensberatung Roland Berger dem Bremer Kultursenator Bernt Schulte (CDU) bei der Kulturentwicklungsplanung (KEP) helfen. Wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, liegt dem Senator schon seit einer Weile ein entsprechendes Angebot vor. Kaum mehr als drei Monate veranschlagen die Bergers, um die Verwaltungsabläufe im Kulturbereich in gutachterüblichen Folien aufzubereiten und schließlich auch eine Empfehlung dafür zu geben, ob die Controlling-Firma kmb beliehen und damit zum Hauptakteur in der Bremer Kulturförderung gemacht werden soll. Diese so genannte kmb-Beleihung ist nämlich innerhalb der SPD-CDU-Koalition und auch innerhalb der CDU selbst umstritten.
Armer Schulte. Denn der Kultursenator steht schon wieder vor einer verflixt schweren Entscheidung. Einerseits könnte er den politischen Krach um das Pro und Contra der kmb-Beleihung durch eine Expertenmeinung entspannen. Denn selbst wenn Roland Berger hinterher empfiehlt, was vorher schon als empfehlenswert vereinbart wurde, könnte sich Schulte gut auf das Gutachten stützen und die Diskussion versachlichen. Denn auf Nichts stützen sich PolitikerInnen heutzutage lieber als auf dicke Gutachten. Und selbst dem CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff, der vehement für eine kmb-Beleihung eintritt, müsste eine anderslautende Roland-Berger-Meinung immerhin zu denken geben.
Andererseits sind 500.000 Mark auch ein dicker Batzen Geld. Fast zwei Tanzfestivals wären dafür zu haben. Das Kulturzentrum Lagerhaus wäre mit diesem Betrag ein knappes Jahr lang sorgenfrei. Und Sol LeWitts Mauer gegenüber der Weserburg ließe sich ungefähr um das Zwölffache verlängern. Man kann sich jetzt schon vorstellen, welche Wogen ein 500.000-Mark-Auftrag an Berger in der Kulturszene schlagen würde. Ganz gewiss wird auch die Kulturinitiative „Anstoß“ daran ordentlich Anstoß nehmen.
Es ist also fast egal, welche Entscheidung Schulte trifft: Entspannung hat in jedem Fall ihren Preis. Am nächsten Dienstag, 24. Oktober, trifft sich die so genannte Steuerungsgruppe, die unsere Bremer Kultur entwickeln will, und wird zu irgendeinem Ergebnis kommen.
Christoph Köster
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