: Neues Signal: Zentral- Bahnhof Gleisdreieck?
■ Streit zwischen SPD und CDU um Verkehrskonzept/ Nagel gegen großes Tunnelkreuz/ Hassemer: Vorauseilender Gehorsam gegenüber Bonn
Berlin. Eine Alternative zum Tunnelkreuz samt Zentralbahnhof an der Lehrter Straße liegt nun auf dem Tisch: Bausenator Nagel will einen Bahnhof am Gleisdreieck errichten. Damit folgt Nagel dem Vorschlag, den die Bundesregierung in seinem Ringkonzept gemacht hat. Dies schlug der Bausenator gestern früh den Verkehrsplanern der Koalition vor. Der Bahnhof Gleisdreieck wäre mit per Gleis an den S-Bahn-Ring angeschlossen. Von dort aus könnte möglicherweise ein Stichtunnel zum Regierungsviertel führen. Alternativ dazu — so sieht es ein Konzeptpapier aus dem Hause des Verkehrssenators Haase vor — steht ein großer Bahnhof am S-Bahnhof Papestraße, der an der Ringbahn liegen würde und so an alle Himmelsrichtungen angeschlossen wäre. Entgegen Diepgens öffentlichen Bekundungen scheint sich auch die CDU mit der Papestraße abfinden können.
Schon am Mittwoch hat die SPD- Fraktion nach einem Gespräch mit Nagel angekündigt, auf das Tunnelkreuz verzichten zu wollen. Der Bahnhof am Standort Gleisdreieck wäre gut an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen, denn dort wären U-Bahn und S-Bahn. Vor allem aber wäre dieser Standort Bonn gegenüber durchsetzbar. Denn sowohl das Bundesbauministerium wie auch das Bundesverkehrsministerium weigern sich seit Wochen standhaft, das Achsenkreuz mit dem Tunnel am Lehrter Bahnhof zu bezahlen. Das Faß zum Überlaufen gebracht hat dem Vernehmen nach, daß Berlin außer dem Nord-Süd-Tunnel darüber hinaus auch von Bonn gefordert hat, einen Ost-West-Tunnel unter dem Spreebogen zu finanzieren, der dann am Hauptbahnhof wieder auftauchen sollte. Die von Bonn favorisierte Alternative — den Ausbau des Bahnhofs Friedrichstraße — wollen die Berliner nicht. »Das ist nur machbar, wenn man aus Berlin Mitte einen Krater macht«, sagte der persönliche Referent Nagels, Erich Jesse. »Die Bonner benutzen die Friedrichstraße als Vorwand, in Bonn zu bleiben, damit sie nachher sagen können, in einen Krater können sie nicht ziehen.«
Beim Koalitionspartner CDU stieß der Nagel-Vorschlag auf heftigen Widerspruch. »Das ist vorauseilender Gehorsam gegenüber Bonn«, schimpfte Stadtplanungssenator Volker Hassemer (CDU) gegenüber der taz. Die Verhandlungen seien noch gar nicht abgeschlossen; jetzt schon eine Alternative öffentlich zu machen sei unklug. Eberhard Diepgen erklärte, er verhandele weiter mit dem Verkehrsminister über den Lehrter Bahnhof. Für Rainer Giesel von der CDU-Fraktion wäre ein Bahnhof am Gleisdreieck nur eine »Hilfskonstruktion«. Der Tunnel Richtung Regierungsviertel stünde nur für Regionalzüge zur Verfügung, das sei zuwenig, man müsse auch den Fernverkehr in die Stadt leiten. Ein Bahnhof am Standort Papestraße sei zu weit außerhalb für einen Zentralbahnhof, sagte Giesel. esch
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