Neues Schulkonzept: CDU beerdigt Hauptschule
Die CDU will langfristig auf Hauptschulen verzichten. Zusammen mit der Realschule sollen daraus Oberschulen werden. Das alles steht in einem neuen Schulkonzept der Partei.
BERLIN taz | Die CDU verabschiedet sich nach jahrzehntelangem Festhalten endgültig von der Hauptschule. Und vom dreigliedrigen Schulsystem gleich mit. Der Bundesvorstand hat am Montag beschlossen, in Zukunft für ein Zwei-Wege-Modell in allen Ländern zu kämpfen. Das Gymnasium bleibt bestehen, Haupt- und Realschule werden in einer Oberschule zusammengefasst. "Das Konzept führt zu einer klaren, übersichtlichen Schulstruktur", sagte Sachsens Kultusminister Roland Wöller bei der Vorstellung des Konzepts.
Mit dem Beschluss beendet die CDU unter Kanzlerin Angela Merkel einen jahrzehntelangen Kulturkampf. Christdemokraten haben die Hauptschule bis zuletzt verteidigt, obwohl Kinder selbst mit guten Abschlüssen kaum Chancen auf Jobs haben. Ein Parteitag im November soll das Konzept beschließen. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) sagte, sie gehe davon aus, dass bis 2020 das Zwei-Wege-System "weitgehend verwirklicht ist". Schavan und Wöller leiteten eine Kommission, die das Papier mit den Vorschlägen erarbeitet hatte.
Aus den Ländern kam prompt Kritik. "Ich halte die Schulstruktur-Debatte, die jetzt von Frau Schavan angestoßen wird, für falsch", sagte Hessens Kultusministerin Dorothea Henzler (FDP) der taz. Gute Schule werde am guten Unterricht gemessen, unabhängig davon, was auf dem Türschild steht. "Wir werden kein neues Schulsystem von oben administrieren, wenn das dreigliedrige Schulsystem funktioniert", sagte Henzler. Keine funktionierende Haupt- oder Realschule werde deshalb abgeschafft. Auch die CSU äußerte sich kritisch. Nur Bayern und Hessen stehen noch fest hinter der Hauptschule.
Doch viele Länder sind längst weiter als die Bundespartei. Das CDU-geführte Niedersachsen hat erst kürzlich die Oberschule eingeführt. Aus zwei Gründen: In dem Flächenland meiden Eltern die Hauptschule, im Schnitt schicken nur noch elf Prozent eines Jahrgangs ihr Kind hin. Außerdem steht dem Land laut Kultusministerium in den nächsten zehn Jahren ein Schülerrückgang von mindestens 20 Prozent bevor.
Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) sagte der taz: "Ich halte das Konzept des Bundesvorstands für sehr gut. Es bildet eine gute Grundlage für eine hoffentlich differenzierte Diskussion in der Partei." Es gebe im Land sehr gut arbeitende Hauptschulen, die jedoch in manchen Regionen mit zurückgehenden Schülerzahlen kämpfen. "Diesen Trägern müssen wir ein Angebot machen, damit sie ihre Arbeit weiterführen können."
Auch in den meisten anderen Ländern ist die Hauptschule ausgestorben. Ostdeutsche CDU-Länder wie Sachsen oder Thüringen haben mit Mittel- beziehungsweise Regelschule nur eine Form neben dem Gymnasium.
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