Neues Radsportteam: Gut gelaunt im Sattel

Um die Luxemburger Brüder Schleck hat sich ein neues, gut ausgestattetes Team gegründet. Es hat sich vorgenommen, an der Krise im Radsport lässig vorbeizuradeln.

Die Brüder Schleck posieren für ihren neuen Arbeitgeber. Bild: dapd

BERLIN taz | "Wir sind glücklich", kommentierte der Berliner Jens Voigt das gelbe Trikot seines Teamkameraden Fränk Schleck beim Criterium International. Voigt hätte sich zwar gern selbst den sechsten Gesamtsieg in seinem Lieblingsrennens geholt. Sein Ausreißversuch am Samstag wurde jedoch vereitelt. Und so freute er sich, dass der "Rennverlauf perfekt in die Karten für die Schlecks gespielt" hätte.

Weniger erfolgreich, aber mit derselben guten Laune hatten die Angestellten des neu gegründeten Rennstall bereits die italienischen Frühjahrsrennen bestritten. Wie langjährige beste Kumpel liefen Andy Schleck und Fabian Wegmann die Gänge des Hotels entlang, in dem sie während des Tirreno-Adriatico logierten.

"Wir sind gute Freunde", versichern die beiden blonden Männer, die sich sogar das Zimmer teilten. "Wir kennen uns schon fünf, sechs Jahre und wir hatten sofort ein gutes Feeling miteinander", meint Schleck. Gegenseitige Sympathie sei das Schlüsselkriterium für die Bildung des neuen Teams.

Wegmann ist froh, dabei zu sein. "Das ist ein Weltklasseteam. Man merkt das an ganz vielen Dingen: an der Vorbereitung, am Material, an der Organisation und selbst an den Unterkünften", erzählt er. Nur mit dem motorisierten Untersatz haperte es noch. Weil der zweite Teambus nicht rechtzeitig fertig wurde, mussten die Leoparden ausgerechnet mit dem alten Teambus von Milram reisen.

Melancholische Erinnerungen überkamen Wegmann in seinem alten Gefährt nicht. Er suchte sich nicht einmal einen vertrauten Platz aus. "Bei uns gibt es gar keine festen Plätze. Manchen wird hinten im Bus schlecht, daher sitzen sie gern vorn. Ich dagegen lege mich gern hinten hin", erzählt Schleck.

So wenig hierarchisch wie die Sitzverteilung im Bus sei auch die Struktur der Mannschaft, versichert Schleck. Nur einer darf sich mehr herausnehmen: Stuart O'Grady ist der Road Captain, der die Truppe durch jede einzelne Etappe navigiert. Der 38-jährige Australier hat sich den Respekt der Jüngeren auch durch seinen Übermut verdient. "Er war der Risikoreichste beim Abfahrtslauf während des Wintercamps in Crans-Montana", meint Schleck.

Tour de France im Juli

Vom Abfahrtslauf nehmen die Profis vor allem die Gewichtsverlagerung bei der Kurventechnik und die Stärkung der Beinkraft in ihre Disziplin mit herüber. Das Ski-Camp in der Schweiz ersetzte das schon lange nicht mehr geliebte Survivalcamp der Marke Bjarne Riis. "Wenn du das sechs Mal mitgemacht hast, willst du auch gern etwas anderes erleben", sagte Schleck der taz.

Die Lust auf neue Reize ist auch der Grund, warum er mit seinem Bruder die Offerte des Luxemburger Unternehmers Flavio Becca annahm, ein eigenes Team zu gründen. Mehr Arbeit hätte er als Luxemburger Frontmann im Luxemburger Team nicht. "Es sind ja viele Leute hier, die sich um viele Dinge kümmern", meint er. Seine Aufgabe ist es, bei den Ardennenklassikern im April eine gute Leistung zu bringen und dann im Juli die Tour de France zu gewinnen - egal, ob gegen Contador oder ohne den Titelverteidiger. "Wenn er fahren darf, dann soll er fahren. Wenn er gesperrt wird, dann ist er schuldig. Doch das entscheiden andere Instanzen."

Sportlich wähnt er sich auf einem guten Weg. Seine Form ist "besser als die zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres". Wie viel Prozent des gesamten Leistungsvermögen das ausmacht, vermag er aber nicht zu sagen. "Ich weiß doch gar nicht, wohin es mich im Sommer trägt", lächelt er versonnen. Auch über Wegmanns Gesicht fliegt darauf ein Lächeln. "Für so einen Rennfahrer in einem solchen Team holt man gern das Letzte aus sich heraus. So macht die Arbeit richtig Spaß", sagt er.

Wer hätte gedacht, dass in einer Branche mit so schlechtem Leumund so gute Stimmung herrscht.

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