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Neues Quartier in PankowPankow schießt ein Tor

Sechzehn Jahre hat es gedauert, bis sich Investor, Bezirk und Senat geeinigt haben. Nun wurden drei Verträge für das „Pankower Tor“ unterschrieben.

Vom Modell zur Umsetzung: Ein wichtiger Schritt ist getan Foto: Tbias Nöfer/CKSA

Berlin taz | Zehn Stunden soll am Dienstag der Termin beim Notar gedauert haben. Jeder einzelne Satz in den Verträgen musste vorgelesen und anschließend beglaubigt werden. Doch nun ist die Tinte trocken. Das „Pankower Tor“, derzeit das größte städtebauliche Vorhaben in Berlin, hat seine bisher wichtigste Hürde genommen.

„Mit der Unterzeichnung der städtebaulichen Verträge haben wir einen echten Meilenstein erreicht, der weit über die Bezirksgrenzen von Pankow hinauswirkt“, freute sich Bausenator Christian Gae­bler (SPD).

Zufrieden ist auch Pankows Baustadtrat Cornelius Bechtler: „Die erfolgreiche Unterzeichnung der städtebaulichen Verträge zeigt, dass wir den dringend benötigten Wohnungsneubau nur gemeinsam ermöglichen können“, so der Grünen-Politiker.

2009 hat der Möbelhändler Kurt Krieger das Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs in Pankow gekauft. Es hat also 16 Jahre gedauert, bis alle Wünsche unter einen Hut gebracht und strittige Fragen ausgeräumt worden sind. Mit seiner Unterschrift verpflichtet sich Krieger nun zum Bau von 2.000 Wohnungen auf dem 47 Hektar großen Gelände zwischen den S-Bahnhöfen Pankow und Heinersdorf. Ein Drittel der Wohnungen sollen Sozialwohnungen sein.

Auch ein neuer Stadtplatz kommt

Auch für das Gros der Infrastruktur kommt Krieger auf. Dazu gehören zwei Kitas, ein neuer Stadtplatz und zwei Parks. Deren Verteilung auf dem Areal sieht der Masterplan aus dem Jahr 2022 vor. Der städtebauliche Entwurf, mit dem der Architekt Tobias Nöfer 2021 ein „konkurrierendes Workshopverfahren“ gewonnen hatte, beinhaltet auch zwei Hochhäuser, eines davon am Bahnhof Pankow.

Nicht zuständig ist der Investor für Schulen und Grünflächen. Stattdessen würden „Grundstücke für eine neue Grundschule, Grünflächen sowie die geplante Straßenbahntrasse und den geplanten ‚Panketrail‘ an das Land Berlin übertragen“, heißt es in einer Mitteilung des Bezirks vom Mittwoch. Der Senat unterstütze den sozialen Wohnungsbau aus Mitteln der Wohnungsbauförderung.

Dass bis zuletzt um die Details gerungen wurde, zeigt der Fakt, dass das Vertragswerk ursprünglich schon im März vergangenen Jahres unterschrieben sein sollte. „Wir haben uns vorgenommen, am 31. März einen städtebaulichen Vertrag und einen Erschließungsvertrag zu unterzeichnen“, hatte Bechtler der taz im Dezember 2023 verkündet.

Auch beim Investor wurde bis zuletzt um Details gerungen. Nun aber zeigt sich Krieger erleichtert – und schaut schon weiter nach vorn. „Der nächste wichtige Meilenstein ist der Abschluss des Bebauungsplans, den wir bis zum Ende des Jahres 2026 erreichen sollten, damit wir zügig ins Bauen kommen und viele Menschen ein neues Zuhause am ‚Pankower Tor‘ finden“, erklärte Edda Metz, Geschäftsführerin der Krieger Projektentwicklung GmbH.

Unterschrieben wurden am Dienstag drei Verträge. Zum einen der städtebauliche Vertrag, der den Bau von Wohnungen sowie die Finanzierung der Infrastruktur beinhaltet. Dann der Erschließungsvertrag, bei dem Krieger als Eigentümer unter anderem die Flächen für eine neue Straßenbahntrasse und den „Panketrail“ an das Land überträgt. Und schließlich ein naturschutzrechtlicher Vertrag.

Bei diesem geht es um ein Thema, das noch immer nicht ganz ausgeräumt ist: Auf dem Gelände befindet sich eine der größten Populationen der streng geschützten Kreuzkröte in Deutschland. Gegen die Pläne, die Population nach Brandenburg umzusiedeln, hatte der Nabu geklagt. Nun plant Krieger, die Kreuzkröten auf den Ostteil des Geländes zu verbringen. So steht es im naturschutzrechtlichen Vertragswerk.

In Kraft treten kann das aber erst, wenn die Bebauungspläne festgesetzt sind. Der anschließende Bau des Quartiers, in dem einmal 4.000 Menschen leben sollen, ist auf zehn Jahre veranschlagt.

Für Pankows Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch (Grüne) ist das „Pankower Tor“ ein gutes Beispiel für ein stadtverträgliches Wachstum in Berlins bevölkerungsreichstem Bezirk. „Es ist wunderbar verkehrlich angebunden, genau da gehören Wohnungen hin“, sagte Koch dem RBB. „Das ist schon ein wunderbares Ergebnis, was wir in der langen Diskussion errungen haben.“

Kritischer sieht Koch die geplanten Wohngebiete im Norden des Bezirks. „Wir haben entlang der S-Bahn-Strecke zusätzliche große Baugebiete. Aber aktuell sind die Straßen überlastet, der ÖPNV reicht nicht aus.“

Neben dem Ausbau der S-Bahn brauche es neue Tram-Strecken. „Der Wohnungsbau darf auf keinen Fall zusätzlichen Verkehr schaffen“, sagt Koch. „Deshalb sind auch Gebiete, die nicht gut angeschlossen sind wie die Elisabethaue, nicht prioritär.“ Dort, wo die Voraussetzungen aber gegeben seien wie am „Pankower Tor“, sei der Bezirk gern bereit, „das Wohnungsproblem Berlins zu lösen“.

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