Neues Massaker in Syrien: Gestoppt, gefesselt und erschossen
Aus Syrien werden neue Massaker der Regierungstruppen gemeldet, Tausende aus Hula sind auf der Flucht. In Genf verurteilt der UN-Menschenrechtsrat das Massaker von Hula.
BEIRUT/GENF afp/dpa | In Syrien haben Regierungstruppen nach Angaben der Opposition erneut ein Massaker an Zivilisten angerichtet. Zwölf Arbeiter seien von Regierungstruppen auf dem Heimweg erschossen worden, sagte ein Vertreter des örtlichen Koordinierungkomitees.
Die Arbeiter einer Düngemittelfabrik nahe der Stadt Kusseir in der Provinz Homs seien am Donnerstagabend an einem Kontrollpunkt zum Aussteigen aus einem Bus gezwungen und hingerichtet worden. „Die Einheiten des Regimes haben ihnen die Hände auf dem Rücken gefesselt und dann auf sie geschossen.“
Ein am Freitag auf YouTube veröffentlichtes Amateurvideo zeigt blutüberströmte Leichen, viele mit Schusswunden am Kopf. Die Bilder wurden offenbar aufgenommen, als oppositionelle Kämpfer die Leichen bergen wollten. In einem anderen Video waren Hunderte Menschen zu sehen, die in Kusseir demonstrierten. Mehrere Gebiete rund um Kusseir stünden unter Dauerbeschuss der Regierungstruppen, sagte der Oppositionelle am Telefon. Es gebe zahlreiche Verletzte. „Wir fürchten, dass viele von ihnen sterben werden.“
Unterdessen hat eine Woche nach dem Massaker von Hula mit mehr als 100 Toten der UN-Menschenrechtsrat in Genf die Regierung Syriens verurteilt. Sie habe ihre Pflicht zur Einstellung aller Gewaltakte verletzt. In einer am Freitag mit 41:3 Stimmen bei zwei Enthaltungen angenommenen Resolution fordert der Rat eine umfassende unabhängige Untersuchung der Bluttat und Gerichtsverfahren gegen die Verantwortlichen.
Russland, China und Kuba stimmten gegen die Resolution. Ihre UN-Botschafter kritisierten den Text als einseitige Schuldzuweisung an die Regierung in Damaskus. Der UN-Repräsentant Syriens erklärte, seine Regierung trage keinerlei Schuld an dem Massaker.
Nach Angaben des Roten Kreuzes sind seit dem Massaker Tausende von Menschen aus Hula auf der Flucht. „Die Menschen haben alles zurückgelassen und sind um ihr Leben gerannt“, sagte Marianne Gasser, Leiterin der Syriendelegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am Freitag. „Die meisten der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder.“ Etwa 5.000 Geflüchtete würden im fünf Kilometer entfernten Burdsch al-Kai versorgt. „Es gibt dort nicht genug Nahrungsmittel, Wasser und Medizin“, so Gasser.
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