■ Neues Kaffee-Kartell will höhere Exporterlöse: Schlechte Chancen
Back to the seventies – das ist der erste Eindruck, der sich bei der Meldung über ein neues Kaffee-Kartell aufdrängt. Internationale Rohstoffabkommen mit dem Ziel, die Exporterlöse zu erhöhen, das war im Rahmen des Nord-Süd-Dialogs das große Thema der siebziger Jahre. Kaum ein Rohstoff, dessen Handel nicht durch multilaterale Übereinkommen, an denen meistens Erzeuger und Abnehmer beteiligt waren, geregelt war. Die Unctad, ein Zusammenschluß von Entwicklungsländern, forderte gar eine „Neue Weltwirtschaftsordnung“, deren Kernstück ein Mechanismus zur Rohstoffpreisstabilisierung war.
Die Kartell-Idee war verlockend. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) wartete mit durchschlagenden Erfolgen auf: 1973/74 etwa wurde die erste Ölkrise durch eine Vervierfachung des Rohölpreises ausgelöst. Warum diese Erfolgsstory nicht auch für andere Rohstoffe nutzen: Das Angebot wird verknappt, und, voilà, die Preise steigen.
In den letzten Jahren ist es jedoch sehr still geworden um die Neue Weltwirtschaftsordnung; diejenigen, die auf der Welt das Sagen haben, leben besser mit der alten. Die vielen Rohstoffabkommen existieren längst nicht mehr, die Weltmarktpreise der meisten Rohstoffe fielen ins Bodenlose. Das Kaffeeabkommen, das auch bestimmte Exportquoten vorsah, brach 1989 zusammen. Die Kaffeetrinker hat's gefreut und die exportierenden Länder gerieten in die Krise. Bemühungen, das Abkommen zwischen Erzeugern und Abnehmern wiederzubeleben, schlugen fehl. Jetzt wollen also die Produzenten im Alleingang durch eine künstliche Verknappung des Kaffeeangebots für höhere Preise sorgen. Da viele Kaffee-Erzeuger unter den Produktionspreisen verkaufen müssen, ist dem neuen Kartell ein Erfolg durchaus zu wünschen.
Allein, es fehlt der Glaube. Schon bei der Opec klappen die Absprachen nicht mehr; immer hat irgendein Land dringende Gründe, mehr als die ihm zugestandene Quote zu verkaufen, und Nichtmitglieder unterlaufen die Preise. Bei Kaffee kann außerdem – anders als bei Öl – nicht einfach der Hahn zugedreht werden. Geernteter Kaffee muß gelagert werden, und die Ausgaben dafür lohnen sich nur, wenn die Steigerungen der Exporterlöse noch größer ausfallen. Gerade die ärmsten Kaffee erzeugenden Länder vor allem in Afrika können es sich wahrscheinlich nicht lange leisten, zunächst auf Exporteinnahmen zu verzichten, in der vagen Hoffnung, daß sich irgendwann die Preise erhöhen. Die sofortige Wirkung aber wird sich in Grenzen halten. Die Kaffeeimporteure sitzen auf prall gefüllten Kaffeesäcken, 20 Millionen Stück waren es im März. Nicola Liebert
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