Neues Hilfspaket für britische Banken: Eine Billion Pfund sind möglich
Die britische Regierung will Banken gegen faule Kredite versichern. Das könnte den Staat mehr als eine Billion Pfund kosten. Der Schatzkanzler verbreitet dennoch Zuversicht.
Es ist ein Fass ohne Boden. Nur drei Monate nach dem ersten Rettungspaket für die Banken im Wert von 37 Milliarden Pfund muss die britische Regierung nachlegen. Am Montag gab sie ihren neuen Rettungsplan bekannt. Er sieht vor, dass die Banken vom Staat gegen faule Kredite versichert werden. Dazu müssen die Banken jedoch zunächst ihre riskantesten Geschäfte offenlegen. Die Ausfälle werden vom Staat zu 90 Prozent abgesichert - gegen eine Gebühr, die entweder bar oder mit Aktien bezahlt werden kann. Das bedeutet, dass einige Banken teilverstaatlicht werden können. Im Zuge des ersten Rettungspakets vom Oktober sind bereits Lloyds TSB, HBOS sowie die Royal Bank of Scotland teilweise verstaatlicht worden. Doch der gewünschte Effekt blieb aus: Die Banken knauserten weiterhin mit Krediten, da sie nach Schätzungen auf faulen Geschäften in Höhe von 200 Milliarden Pfund sitzen.
Auch Dänemark präsentierte am Montag ein neues Bankenpaket, das zweite nach einem entsprechenden Hilfspaket im Oktober und mit 100 Milliarden Kronen, 13 Milliarden Euro, fast dreimal umfangreicher als dieses. Als Gegenleistung müssen Banken, die sich daraus eine Finanzspritze genehmigen, weder den Staat über Aktien beteiligen, noch gibt es irgendwelche sonstigen staatlichen Einflussnahmen. Es müssen aber saftige Zinsen gezahlt werden. Rund 10 Prozent gab Wirtschaftsministerin Lene Espersen als ungefähren Wert an. Das zeigt, dass die Regierung das staatliche Kreditrisiko recht hoch einschätzt. Kritiker bemängeln, dass die Banken keine Verpflichtung eingehen müssen, das Geld ihrerseits als Kredite an ihre Kunden und Kundinnen weiterzugeben.
Wenn sie das Versicherungsangebot der Regierung annehmen, müssen sie sich verpflichten, mehr Geld zu verleihen, sagte Schatzkanzler Alistair Darling. Darüber hinaus darf die Bank von England bis zu 50 Milliarden Pfund ausgeben, um Unternehmenswerte anzukaufen und Firmen dadurch zur Liquidität zu verhelfen. Außerdem soll die Pleitebank Northern Rock, die im vergangenen Jahr verstaatlicht wurde, nicht mehr länger ihre Kreditkonten abbauen, sondern stattdessen neue Darlehen vergeben.
Premierminister Gordon Brown sagte, die Bankenkrise zeige die Folgen der "verantwortungslosen Kreditvergabe". So hat die Royal Bank of Scotland 2008 Verluste von rund 28 Milliarden Pfund gemacht. So viel Geld hatte bisher noch kein britisches Unternehmen in einem Jahr verloren. Vor allem schlug dabei die weit über Wert bezahlte Teilübernahme des niederländischen Konkurrenten ABN Amro zu Buche. Die Aktie der Royal Bank of Scotland rutschte dementsprechend um fast ein Drittel ab. Die Bank musste am Montag neue Stammaktien im Wert von 5 Milliarden Pfund ausgeben. Die Kapitalerhöhung wird vom Staat abgesichert - beziehungsweise vom Steuerzahler, dem nun 70 Prozent der Bank gehören. Im Gegenzug hat sich die Bank bereit erklärt, ihre Kreditvergabe in den kommenden zwölf Monaten um 6 Milliarden Pfund zu erhöhen.
Was das Rettungspaket am Ende kosten wird, steht noch nicht fest, da die Banken bisher den Mantel des Schweigens über das Ausmaß der faulen Kredite gebreitet haben. Experten schätzen, dass Investitionen und Garantien mehr als 1 Billion Pfund betragen könnten. Oppositionspolitiker warfen der Regierung deshalb vor, den Banken einen Blankoscheck auszustellen. Die Daily Mail fragte: "Wie viele Autoversicherungen würden eine Vollkaskoversicherung für ein Auto anbieten, das weder Bremsen noch Licht hat und nachts mit einem Betrunkenen am Steuer bergab auf eine Mauer zurast?"
Darling verteidigte das Paket dagegen als notwendiges Übel. "Wenn das Bankensystem zusammenbricht, bekommt jeder von uns die Probleme zu spüren", sagte er. "Die Wirtschaft würde dann ebenfalls zusammenbrechen. Wenn wir die Kreditvergabe nicht anschieben, führte das zu einer längeren, schwereren und schmerzhafteren Rezession." Die globale finanzielle und wirtschaftliche Lage habe sich in den Monaten seit dem letzten Rettungspaket weiter verschlechtert, sagte Darling. Die Bürde für die Steuerzahler sei aber lediglich temporär, fügte er hinzu: "Es sieht vielleicht wie ein nasskalter, trübseliger Januarmorgen aus, die Lage da draußen ist düster, aber wir kommen da wieder raus."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!