piwik no script img

Neues Hilfspaket für GriechenlandSchäuble sagt, was alle wissen

Griechenland braucht laut dem Bundesfinanzminister ein drittes Hilfsprogramm. Einen weiteren Schuldenschnitt schloss er aber aus. Die Opposition sieht darin Wahltaktik.

Wolfgang Schäuble im griechischen Finanzministerium bei seinem Besuch Mitte Juli. Bild: reuters

AHRENSBURG rtr | SPD und Grüne haben das öffentliche Eingeständnis von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, dass Griechenland ein drittes Hilfspaket seiner Euro-Partner benötigt, als überfällig bezeichnet. „Schäuble lässt nun doch die Katze aus dem Sack“, sagte der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Bisher habe der Minister stets offengelassen, ob Griechenland ein weiteres Hilfsprogramm bekommen solle.

Schäuble sagte jedoch bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ahrensburg bei Hamburg: „Das ist der Öffentlichkeit auch immer gesagt worden.“ Das jetzige zweite Milliarden-Hilfsprogramm läuft Ende 2014 aus. „Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen“, sagte Schäuble. Es werde aber keinen zweiten Schuldenschnitt für Griechenland geben. Die Erfahrungen mit dem ersten seien nicht sonderlich gut gewesen, sagte Schäuble.

Griechenland brauche nach dem laufenden Hilfsprogramm weitere Unterstützung, sagte Schäuble. Die Partner würden etwa helfen müssen, dass die Griechen nicht so hohe Zinsen auf ihre Kredite bezahlen müssten. „Sie sind noch nicht über den Berg", gab Schäuble zu bedenken. Aber das Land habe erhebliche Fortschritte gemacht.

Schneider sagte, Schäuble sage allerdings erneut nur die halbe Wahrheit: „Denn die Zinsen für den laufenden Kredit sind schon fast bei Null, und ein neuer Kredit wird Griechenland nicht helfen, weil damit nur der Schuldenstand erhöht wird.“ Ein neues Hilfsprogramm bedeute, dass sich Griechenland nicht wie geplant ab 2015 wieder am Kapitalmarkt finanzieren könne.

Grüne: Schäuble stimmt Schuldenschnitt nach der Wahl zu

Der bisher bekannte Finanzierungsbedarf für 2015 bis 2020 betrage 50 Milliarden Euro: „Wenn Herr Schäuble nun sagt, dass Griechenland ein neues Programm braucht, dann muss er sagen, was das kosten soll. Die konkreten Zahlen müssen vor der Wahl auf den Tisch.“

Die Chefhaushälterin der Grünen-Fraktion, Priska Hinz, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Der Bundesfinanzminister bricht das nächste selbst erklärte Tabu.“ Während er noch vor wenigen Tagen die aktuellen Hilfen als ausreichend bezeichnet habe, reiße er nun die nächste rote Linie ein. „Er gibt jetzt zu, was Experten des IWF und die Öffentlichkeit schon längst wussten: Griechenland braucht auch nach 2014 finanzielle Hilfen“, sagte Hinz.

Nach der Wahl werde Schäuble auch scheibchenweise seine Zustimmung zu einem zweiten Schuldenschnitt geben: „Den Wählern wird er vor der Wahl aber noch ein anderes Märchen erzählen.“

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • T
    Thomas

    Kai Konrad, Schäubles Chefberater, hat letzte Woche erklärt, dass die Griechen eigentlich genug Vermögen hätten, um selber für ihre Schulden geradezustehen. Aber solange dieses Vermögen tabu ist und viele wohlhabende Griechen sich weiterhin ihrer Steuerpflicht entziehen können, häuft der griechische Staat noch mehr Schulden an und erwartet von den Steuerzahlern der anderen Euroländer, vor allem Deutschland, die immer teurere Griechenland-Rettung zu bezahlen. Es ist nicht zu fassen!

    • @Thomas:

      Abgesehen von der Spannung, ob es noch weitergeht, haben die Griechen absolut nix von dem Geld. Es fließt alles zurück nach Frankfurt. "Selbstbedienungsladen" wäre hier noch schöngeredet, denn auch im Selbstbedienungsladen muss ja am Ende bezahlt werden.

       

      http://www.zeit.de/2011/27/DOS-Griechenland-Geld

  • Ist doch auffällig, dass bei Regierungspolitikern eigentlich immer das Gegenteil ihrer Behauptungen zutrifft. Wer jetzt einen zweiten Schuldenscnitt ausschließt, kann schlichtweg nicht die Wahrheit sagen.