Neues Brandenburg-Siegel: Hunger auf Heimat
Große Supermarktketten haben längst eigene Regionalmarken. Nun stellt das Land Brandenburg ein offizielles Siegel vor – für Bio und konventionell.
Seit Ende Januar gibt es zum Trend zum Regionalen auch das passende Siegel. Brandenburgs grüner Landwirtschaftsminister Axel Vogel hat es vorgestellt – und gleich verraten, dass sich regional auch groß denken lässt. In Berlin und Brandenburg mit seinen sechs Millionen Verbraucherinnen und Verbrauchern und mehr als 10.000 gastronomischen Einrichtungen nimmt das Interesse an regional hergestellten Produkten in Bioqualität zu, ist Vogel überzeugt. „Kunden, die nach Milch, Joghurt und Käse, Getreide, Gemüse, Obst, Fleisch und verarbeiteten Lebensmitteln in guter Qualität suchen, soll damit Orientierung geboten werden.“
Diese Orientierung sollen – neben den Regionalmarken der Supermarktketten – künftig die Landessiegel „bio Brandenburg. Gesicherte Qualität“ sowie „Gesicherte Qualität Brandenburg“ bieten. Voraussetzung für das Siegel wie auch die Kennzeichnung von Produkten aus kontrolliertem Anbau ist, dass bei verarbeiteten Produkten 90 Prozent der Zutaten aus Brandenburg kommen. Beim konventionellen Siegel ist etwa Gentechnik verboten.
Bei der Lobetaler Bio-Molkerei, die sich neben den Eberswalder Wurstwaren als erste für das Siegel bewerben wird, erfüllt derzeit nur der Naturjoghurt die 90-Prozent-Vorgabe. Im Erdbeerjoghurt dagegen seien Erdbeeren aus Europa und Zucker aus ganz Deutschland verarbeitet. Das müsse sich ändern, sagte ein Vertreter der Firma.
Berliner Schulen im Visier
Damit sich die 500 Euro teure Zertifizierung für die 4.500 landwirtschaftlichen Erzeuger in Brandenburg lohnt, hat Minister Vogel den Berliner Markt ins Spiel gebracht. Alleine in den Grundschulen der Hauptstadt werden täglich 200.000 Essen ausgegeben. Künftig soll bei den Ausschreibungen nicht nur Bio-Qualität, sondern auch regionale Herkunft eine Rolle spielen. Zielgruppe seien auch Kantinen in den brandenburgischen Universitäten oder Betriebe, die kurz vor der Genehmigung stünden, sagte Vogel mit Hinweis auf Tesla.
Ein Selbstläufer wird das Siegel aber nicht werden. Viele Betriebe setzen etwa auf Direktvermarktung über Hofläden und Wochenmärkte und sind so nicht Teil der regionalen Wertschöpfungskette. Aber auch der Rückgang von Anbauflächen wie für Kartoffeln kann Engpässe in der Kette verursachen.
Die Neuköllner Hipster müssen sich also noch etwas gedulden. Made in Brandenburg kommt wohl häufiger in die Schulen als, in verarbeiteten Produkten, in die Supermarktregale.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe