Neues Bezahlsystem bei Sky Deutschland: Die Monopolisten-Crux
Gastwirte kritisieren den Fernsehsender Sky Deutschland für sein neues Bezahlsystem. Damit werde es zu teuer, Bundesliga-Fußball in der Kneipe zu zeigen.
![](https://taz.de/picture/149226/14/sky.jpg)
Wenn am 14. September, am fünften Spieltag der heute startenden Fußball-Bundesligasaison, Hannover 96 beim FC Bayern spielt, ist das für eine Fußballkneipe in Hannover natürlich eine große Sache. Auch für Bernd Rodewald, den Wirt des Shakespeare. Er hat sich etwas Besonderes einfallen lassen: einen Nachmittag unter dem Motto „Hier rollt der Ball im Radio“. Ein Freund Rodewalds wird klobige Radiogeräte aus den 50er und 60er Jahren zur Verfügung stellen, damit die Hörfunk-Party auch optisch etwas hermacht.
Normalerweise würde im Shakespeare die Übertragung des Pay-TV-Senders Sky laufen. Doch Rodewalds Vertrag endet am 31. August. Der Kneipier hat gekündigt, weil er monatlich künftig nicht mehr 223, sondern 463 Euro zahlen müsste, also mehr als das Doppelte. Zirka 60 weitere Hannoveraner Wirte hätten ebenfalls die Lust auf Sky verloren, sagt er. Stefan von Bargen, der in Berlin-Neukölln die Astra-Stube führt, wo sich Fans des FC St. Pauli die Spiele des Zweitligisten anschauen, ist auch erbost. Statt 236 Euro werden für ihn künftig 460 Euro fällig.
Die Erhöhungen sind das Resultat eines neues Abopreis-Berechnungsmodells des Pay-TV-Senders: Unter anderem die Kaufkraft, die Bevölkerungsdichte und die „Sportaffinität am Standort“ (Sky-Sprecherin Britta Krämer) fließen dort ein. In ländlichen Gegenden gebe es „Tausende“ Kneipen, die künftig weniger zahlten, sagt Sky-Sprecherin Britta Krämer. Der Sender verweist auf Untersuchungen, dass Gäste während der Übertragung von Fußballspielen 16 bis 18 Euro für Speisen und Getränke ausgeben.
Von Bargen sagt, bei ihm seien es 5 bis 8 Euro; Jürgen Holzmacher vom Kalabusch in Hannover schreibt via Facebook, er komme auf 7 bis 9 Euro pro Gast. Die Wirte glauben, Sky habe weder Ahnung von der Lage der Gastronomie noch von den sozialen Verhältnissen in großstädtischen Vierteln. Man habe die Berechnungsfaktoren „aufwendig erforscht“, kontert Krämer.
Empörte Facebook-Gruppen
Sowohl in Berlin als auch in Hannover haben sich Protestgemeinschaften zusammengeschlossen, es gibt Facebook-Gruppen wie „Rettet den Kneipenfußball“. Die Crux: Sky ist Monopolist, und ein Monopolist kann sich viel erlauben. Zudem weiß der Sender, dass nicht wenige Gastronomen ihr Abo praktisch nicht kündigen können – das wäre so, als würden sie kein Bier mehr ausschenken. Stefan von Bargen von der Astra-Stube ist in einer solchen Situation. Dennoch hat er Sky wissen lassen, er zahle „weitere Beiträge nur unter Vorbehalt“. In der unmittelbaren Neuköllner Nachbarschaft hätten „vier, fünf klassische Eckkneipen“ gekündigt, sagt er.
Einige Gastronomen haben sich gerade mit dem Urteil beschäftigt, das Karen Murphy, eine Wirtin aus dem britischen Portsmouth, 2011 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erstritten hat. Sie hatte für ihren Pub eine Decoderkarte beim griechischen Sender Nova erworben, um dort die Spiele der heimischen Premier League zeigen zu können. Im Vergleich mit dem nationalen Pay-TV-Sender BSkyB sparte sie so 4.700 Euro jährlich.
Der EuGH gab ihr grundsätzlich recht, aber einen Haken hat das Urteil: Für Teile der Übertragung sei bei einer „öffentlichen Wiedergabe“ aus urheberrechtlichen Gründen eine Genehmigung der Rechteinhaber notwendig. Dies gilt unter anderem für die „Auftaktvideosequenz“, die Liga-Hymnen und diverse Grafiken. Eine entsprechende Genehmigung wird aber kein Rechteinhaber erteilen, wenn der Gastronom sein Abo in Griechenland gekauft hat.
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