Neues Album von Schoolboy Q: Teure Schlitten, Drogen und Knarren
Schnellschüsse hat der US-Rapper Schoolboy Q nicht nötig. Kaum einer kann so gut wie er seine arrogante Aura in kluge Reime verpacken.
Beim kursorischen Durchhören klingt „CrasH Talk“, das neue Album von US-Rapper Schoolboy Q, zunächst nach Mogelpackung. Denn es reproduziert Klischees in Form von Reimen über teure Schlitten, Drogen und Knarren. Ebensolche für Gangsta-Gehabe recht typische Vorstellungswelten werden auf „CrasH Talk“ inszeniert. Mit Pöbeleien, Gepose, Dollarscheinwedeln und allem, was dazugehört. So weit, so vorhersehbar. Und doch, die Sache ist etwas komplizierter.
Denn im US-HipHop stehen Alben mit interessanten Gästen und penibel ausgetüftelten Klangsignatururen, an denen Künstler intensiv gefeilt haben, momentan nicht hoch im Kurs. Die klassische Langstrecke wird kaum noch bedient. Stattdessen werden andauernd hurtig produzierte Mixtapes, Singles mit schäbigsten Viral-Videos rausgehauen, die zum nächstbesten Hit werden sollen.
Für den Status quo von US-HipHop scheint momentan weniger wichtig, selbstständig und in aller Ruhe an einem Album zu arbeiten, sondern möglichst zackig, die im Studio aufgenommene Musik im Internet hochzuladen. Je schneller, desto besser.
Dabei kommt manch irres Zeug raus, vor allem aber viel Ausschussware. Halbgare Songs, die nur im Augenblick des Upload relevant sind und nach kürzester Zeit wieder vergessen. HipHop-Künstler nehmen ihre eigenen Songs nicht mehr ernst, scheint es. Drei Tage später kommt ja schon das nächste Ding.
Schoolboy Q: „CrasH Talk“ (Top Dawg Entertainment/Interscope/ Universal).
Hier scratcht Schoolboy Q nun ganz nonchalant rein. Der 32-jährige, bürgerlich Quincy Mathew Hanley, veröffentlicht schließlich nicht jedes Jahr ein neues Werk. Außerdem bleiben seine Songs auch nach dem Upload relevant. Denn Schoolboy Q ist einer jener Künstler, der seine Musik auf der wichtigsten Plattform für Rapper, die das Format Album nach wie vor pflegt, veröffentlicht: Top Dawg Entertainment. Jenes Label, bei dem auch Kendrick Lamar und Jay Rock ihre Musik präsentieren.
Schoolboy Q, der übrigens in Wiesbaden geboren wurde, aber in Los Angeles aufgewachsen ist, hat knapp drei Jahre zwischen seinem letzten Album „Blank Face“ und „CrasH Talk“ verstreichen lassen, ansonsten hat er sich rar gemacht. Er ist als Künstler längst etabliert. Kaum einer kann so gut wie er seine arrogante Aura in kluge Reime verpacken. Schnellschüsse hat er nicht nötig. Das merkt man „CrasH Talk“ auch in jeder Pore an.
Auf dem Album rappt Schoolboy Q über Autos, Drogen und Knarren. Aber es wird nie langweilig, denn Qs Reime sind ausgefuchster und abgefeimter als die der Kollegen und seine Attitüde ist zwar aggressiver, dabei aber auch viel cooler als die der Konkurrenz. Qs Sound wird getragen von trockenen Samples und harschen, mit Fiepen und Wummern durchsetzten Trap-Beats.
Auf dem Album kommt beides zusammen, das Bindeglied bleibt Qs Lässigkeit. Er schafft es auf Songs wie „Gang Gang“ durch seine scheinbar gelangweilte Art, die mit rauer Stimme geflowten Übertreibungen und den von peitschenden HiHats und einem minimalistischen Synthloop zusammengehaltenen Beat zu klingen wie der einsamste Rapper auf dem Planeten. Auch wenn Q einen vom Pferd erzählt, klingt es bei ihm immer so, als berichte er von etwas Nicht-Alltäglichem.
Die Stärke von „CrasH Talk“ liegt darin, dass sich bereits tausendfach gehörte Erzählstränge dank Schoolboys Charisma und der knisternden Sounds von all den Mixtape-Schnellschüssen abhebt. Schoolboy Q lässt Beliebiges mit simplen Kniffen außergewöhnlich klingen. Um so etwas zu schaffen, braucht es eben Zeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!