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Neuer polnischer Päsident vereidigtSchwieriger Start für Komorowski

Während das neue polnische Staatsoberhaupt sein Amt antritt, belagern fanatische Oppositionsanhänger den Präsidentenpalast. Jaroslaw Kaczynski bleibt der Staatsfeier demonstrativ fern.

Borislaw Komorowski möchte Präsident aller Polen sein. Dennoch steht ihm vermutlich eine schwierige Amtszeit bevor. Bild: ap

Polen hat einen neuen Präsidenten. Bronislaw Komorowski (58), der bisherige Vorsitzendedes polnischen Abgeordnetenhauses, tritt die Nachfolge des im April bei einer Flugzeugkatastrophe ums Leben gekommenen Lech Kaczynski (61) an. Gestern legte er den Amtseid vor der Nationalversammlung in Warschau ab. Die Stimmung in Polen ist allerdings eher gedrückt. Vom wiedererwachten Optimismus, der die Trauer für die fast 100 Opfer bereits abgelöst hatte, ist kaum etwas geblieben. Am Tag der Vereidigung des neuen Präsidenten wirkten viele Polen niedergeschlagen und enttäuscht. Anfang der Woche hatte es Polens noch junge Demokratie nicht geschafft, fanatische Anhänger der Kaczynski-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zum Aufgeben zu bewegen.

Seit Tagen belagern sie den Präsidentenpalast im Zentrum Warschaus.

Die Anhänger Jaroslaw Kaczynskis „bewachen“ das übermanngroße Kreuz, das Pfadfinder im April für die fast 100 Opfer der Flugzeugkatastrophe aufgestellt hatten. Jetzt wollten die jungen Leute ihr Kreuz auf eine Pilgerfahrt zum Hellen Berg nach Tschenstochau mitnehmen. Doch die „Kreuzbewacher“ verhinderten dies, lieferten sich ein Handgemenge mit der Polizei und skandierten immerfort „Polen erwache! Polen erwache!“. Die Pfadfinder vertrieben sie als „Faschisten, Ungläubige und Verräter“. Komorowski würden sie nicht als neuen Präsidenten akzeptieren. Der einzig rechtmäßige Präsident Polens sei Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des verstorbenen Lech. Auch die Priester, die die Prozession mit dem Kreuz anführen wollten und den Dialog mit den Belagerern des Präsidentenpalastes suchten, mussten unverrichteter Dinge abziehen. „Jarek, Jarek“ schallte ihnen das Siegesgeheul der Kreuzbewacher hinterher. Mit "Jarek" ist Jaroslaw Kaczynski gemeint.

Bronislaw Komorowski ließ sich in seiner ersten Rede nach der Vereidigung nicht anmerken, was er angesichts des Hasses fühlte, der ihm nicht nur auf der Straße von den PiS-Anhängern, sondern sogar in der Nationalversammlung entgegenschlug. So blieb der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski dem feierlichen Staatsakt demonstrativ fern. Er wirft der regierenden liberal-konservativen Bürgerplattform, der auch Komorowski angehört, eine Mitschuld am am Absturz der Präsidentenmaschine in Smolensk vor. Andere PiS-Abgeordnete hatten speziell zu diesem Tag Trauerkleidung angelegt. Als die Nationalversammlung und die geladenen Gäste nach der ersten Rede an die Nation des neuen Präsidenten aufstanden und applaudierten, rührten die PiS-Abgeordneten keine Hand.

Dabei hatte Komorowski erklärt, „als Präsident Polens für alle Bürger da sein“ zu wollen. „Sowohl für meine Wähler, als auch für diejenigen, die meinen Konkurrenten Jaroslaw Kaczynski ihre Stimme gaben oder enttäuscht von aller Politik bei der Wahl zuhause blieben.“ Auch der PiS selbst machte er ein Kooperationsangebot: „Polen braucht mehr Verständigung und weniger Kampf oder Hass.“ Die Trauer um die Toten sei eine gemeinsame gewesen. Er werde sich bemühen, als Präsident ein „gemeinsamen Fundament" zu finden, das eine Zusammenarbeit mit der Opposition ermögliche.

Ex-Präsident Lech Walesa, der 1989 Polens als erstes Land des damaligen Ostblocks in die Unabhängigkeit geführt hatte, verfolgte die Feier von der Empore des Sejms aus. Er konnte nur den Kopf schütteln: „Wir haben eine Demokratie in Polen. Es haben Wahlen stattgefunden. Das Volk hat entschieden. Jetzt gebieten es die demokratischen Regeln wie auch der Anstand, dass alle, auch die politischen Gegner, den neuen Präsidenten akzeptieren und ihm die gebührende Achtung erweisen.“

Auch Jerzy Buzek, der Vorsitzende des Europäischen Parlaments, verfolgte die Feier von der Empore aus. Für Europa sei das ein alarmierendes Signal, sagt er. „Dass der Chef der wichtigsten Oppositionspartei in Polen der Vereidigung des neuen Präsidenten fern bleibt, zeugt von einer Missachtung der Demokratie. Das ist äußert beunruhigend“.

Komorowski kündigte an, als Präsident Polens „den alten Kontinent Europa“ stärken zu wollen. Polen werde sich in Zukunft stärker an der Debatte um die Zukunft des gemeinsamen Europas beteiligen. Dabei käme dem Verhältnis zu Frankreich und Deutschland eine Schlüsselbedeutung. Ziel seiner ersten Auslandsreisen würden Brüssel, Paris und Berlin sein. Wichtig für ihn und für Polen sei aber auch die Aussöhnung mit Russland.

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5 Kommentare

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  • K
    katharina

    Die polnische Regierung trägt mindestens die moralische Schuld an der Katastrophe in Smolensk, als Veranstalter der Feier und des Fluges. In Deutschland wird die These verbreitet, dass L.Kaczynski natürlich die Landung erzwungen hat, so ein Quatsch! Tatsache ist, dass die russische Seite lügt, da verschwinden die Flugkotrolleure aus Smolensk, die die polnische Staatsanwaltschaft verhören wollte, unsere Gesundheitsministerin erzählt, dass die polnischen Ärzte bei der Leichenobduktion anwsend waren, was die polnische Staatsanwaltschaft dann dementiert. Noch mehr?

    Die deutsche Presse, deren Favorit sowieso die Bürgerplattform ist, hat sich längst von der objektiven Berichterstattung aus Polen verabschiedet. Der "Chef" der Demonstration der Gegner des Kreuzes wurde mit einem Gewehr in der Hand abgebildet, was auch in der polnischen Presse veröffentlicht wurde. Es ist grausam, dass die Presse so die Leute manipulieren kann. Ich glaube übrigens nicht, dass der TAZ-Redakteur meine Meinung zulassen wird.

  • N
    nomino

    Weiß vielleicht jemand zufällig, worums in Warschau zur Zeit geht? Habe ich in einer Zeitschrift folgenden Artikel gefunden:

    CZY WARSZAWA CHCE ZOSTAĆ DRUGIM DUISBURGIEM?

    Stefan Hambura, hambura.salon24.pl, 07-08-2010 18:46

    Was soll das sein?

  • RS
    Ralf Sch.

    Das ist so typisch und zeigt wie unreif - in diesem Falle vor allem die PiS - ist. Jemand sollte denen mal Nachhilfe in Demokratie geben. Opposition, auch harte, ist wichtig und gut. Aber dieses Gebahren und die mutwillige Schürung dieses Fanatismus und dieser Intoleranz, ist unverantwortlich!

    Das System ist wie es ist, auch wenn es nicht perfekt ist. Bei den nächsten Wahlen kann es die PiS ja besser machen... Aber offenbar ist ihnen "normale" Oppositionsarbeit zu langweilig...

    Man kann sich nur wundern was diese Leute mit diesem Vorgehen bezwecken wollen....

    Die mehrheitlich vernünftigen Polen tun mir leid...

     

    Lech Walesa hat es wenigstens exakt richtig ausgedrückt:

    „Wir haben eine Demokratie in Polen. Es haben Wahlen stattgefunden. Das Volk hat entschieden. Jetzt gebieten es die demokratischen Regeln wie auch der Anstand, dass alle, auch die politischen Gegner, den neuen Präsidenten akzeptieren und ihm die gebührende Achtung erweisen.“

  • P
    Pole

    Die leute, die jetzt von "Achtung" schwadronieren, haben sich gegenüber Lech Kaczynski 100 fach schlimmer benommen. als es jaroslaw Kaczynski je gewagt hätte.

    Dieser scheinheilige Zynismus ist aber leider typisch für alle Demokratien. Man achtet nur die, deren Meinung man auch teilt. Alle anderen sind "Kartoffeln" und sonst was.

  • R
    reblek

    "Er wirft der regierenden liberal-konservativen Bürgerplattform, der auch Komorowski angehört, eine Mitschuld am am Absturz der Präsidentenmaschine in Smolensk vor." Das ist lustig, da, soweit ich weiß, die Vermutung, dass ein Kaczynski die Landung zu erzwingen versucht hat, noch nicht ausgeräumt ist.

     

    "Komorowski kündigte an, als Präsident Polens 'den alten Kontinent Europa' stärken zu wollen." Sicher nicht, denn niemand kann sein "ankündigen, tun zu wollen", sondern nur "ankündigen zu tun".