piwik no script img

Neuer Vorstand beim Netzwerk RechercheMit leichten Gebrauchsspuren

Nach dem Skandal um zu Unrecht erhaltene Gelder will das Netzwerk Recherche mit einem neuen Vorstand transparenter werden. Doch der ist gar nicht so neu.

Der neue Vorstand der Journalistenvereinigung ist gar nicht so neu. Bild: dpa

KÖLN taz | Nach der Krise soll vieles anders werden beim Journalistenverein Netzwerk Recherche: mit einem neu gewählten Vorstand, mit mehr Transparenz, gegenseitiger Kontrolle und vielleicht einem etwas verkleinerten Programm. Vom Personal her ist das allerdings kein vollständiger Neuanfang: Der neue Vorsitzende Oliver Schröm (Stern) war nach eigenen Angaben in den Gründungsjahren kooptiertes Vorstandsmitglied beim Netzwerk Recherche. Drei seiner sieben Kollegen wurden schon mal gewählt: Schröms Stellvertreter Markus Grill (Spiegel), Beisitzer Gert Monheim (früher WDR) und Kassenwart David Schraven (WAZ) gehörten dem vergangenen Vorstand an. Schriftführer Alexander Richter ("Tagesschau") arbeitete früher als Geschäftsführer des Vereins.

Das Netzwerk Recherche hat zu Unrecht Fördergelder von der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) erhalten. Mit Rückzahlung, Zinsen und dem Honorar für eine Wirtschaftsprüferkanzlei kostet den Verein die Affäre rund 122.000 Euro - und viel Ansehen in der Medienszene und bei Sponsoren.

Kassenwart David Schraven erklärte auf der Mitgliederversammlung, wie solche fatalen Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung verhindert werden sollen: Mehrere Vorstandsmitglieder sollten Zugang zum Onlinebanking des Vereins bekommen, um die Buchungen zu kontrollieren. Außerdem will sich der Verein der "Initiative Transparente Zivilgesellschaft" anschließen, die unter anderem von Transparency International getragen wird. Die Unterzeichner verpflichten sich, ihre Finanzen offenzulegen.

"Wir wollen dem Gründungsgedanken gerecht werden und ein Hauptaugenmerk darauf legen, Recherche durch die Vernetzung der Vereinsmitglieder zu fördern", schreibt der neue Vorsitzende Oliver Schröm in einer Pressemitteilung. Das klingt wie ein Kurswechsel: Netzwerk Recherche hat in der letzten Zeit mehrere große Konferenzen pro Jahr organisiert, an denen auch viele junge Journalisten teilnahmen. Auch sein Stellvertreter Markus Grill hatte dafür geworben, das Programm im Zweifel etwas zurückzufahren.

Unterdessen hat sich der ehemalige Vorsitzende Thomas Leif zu Wort gemeldet. Der SWR-Chefreporter hat sich um die Fördergelder und vieles andere in dem Verein gekümmert. Leif kritisierte im Spiegel die Aufarbeitung im Verein. Dabei sei es nur um eine "Konfliktinszenierung" gegangen, "nicht um die Lösung der Sachprobleme im Zusammenhang mit einem komplizierten bürokratischen Antrag". Alle "Abgrenzungsprobleme" hätten direkt mit der Bundeszentrale für politische Bildung geklärt werden können. "Im Nachhinein ist mir klar, dass ich besser einen Wirtschaftsprüfer mit einem Stundenlohn von 500 Euro mit dem Ausfüllen der Anträge beauftragt hätte."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • DK
    Daniel Kummetz

    In einer früheren Version enthielt der Artikel den Satz: "Doch sie alle versicherten auf der Mitgliederversammlung am vergangenen Wochenende in Köln, nicht direkt für die große Affäre des Vereins verantwortlich gewesen zu sein." Die Aussage ist so nicht richtig.

     

    Es haben sich einzelne Vorstandskandidaten zu ihrem Kenntnisstand bei der Affäre geäußert, nicht alle.

     

    Wir bedauern den Fehler und bitten, ihn zu entschuldigen.