piwik no script img

Neuer Versuch für BrennelementesteuerUnion untergetaucht

Die SPD prüft, ob statt einer Steuer eine Sonderabgabe von den AKW-Betreibern verlangt werden könnte. Die Union schweigt.

Ein Blick ins Abklingbecken. Selbst wenn sich die Koalition über das Ziel einig würde, gäbe es aber eine Reihe praktischer Probleme Foto: dpa

Berlin taz | Die SPD-Forderung nach einer verbesserten Neuauflage der vom Bundesverfassungsgericht gestoppten Brennelementesteuer stößt bei der Union auf Schweigen und bei Experten auf rechtliche Bedenken. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth, der die Forderung nach einer Wiedereinführung der Steuer in verbesserter Form am Mittwoch erhoben hatte, drängte am Donnerstag das CDU-geführte Finanzministerium zum Handeln. „Wir werden einen Vorschlag machen“, erklärte er. Eine Kabinettsvorlage könne aber „nur vom Finanzministerium kommen“.

Im Haus von Minister Wolfgang Schäuble gibt es aber für diese Legislaturperiode keine entsprechenden Pläne, sagte ein Sprecher. Die Unionsfraktion im Bundestag hat sich noch keine Meinung zu der Frage gebildet, ob die Steuer neu aufgelegt wird. Flasbarth zeigt sich jedoch optimistisch: „Ich wäre auf die Begründung gespannt, warum man einen eigenen Fehler nicht korrigieren will“, erklärte er in Richtung Union. Die von den Verfassungsrichtern aus formalen Gründen gestoppte Steuer war 2010 von CDU/CSU und FDP eingeführt worden.

Selbst wenn sich die Koalition über das Ziel einig würde, gäbe es aber eine Reihe praktischer Probleme. Zum einen dürften die verbleibenden zwei Sitzungswochen vor der Sommerpause kaum genügen, noch ein Gesetz zu verabschieden, so dass eine neue Lösung erst 2018 vom neuen Bundestag beschlossen werden könnte.

Zum anderen ist noch nicht klar, wie eine verfassungskonforme Lösung aussehen könnte, nachdem das Gericht die Belastung von Unternehmen durch eine Verbrauchsteuer für unzulässig erklärt hat. Der Thinktank Forum Ökosoziale Marktwirtschaft hält es zwar für denkbar, das Gesetz so zu formulieren, dass die Kernbrennstoffsteuer doch als Verbrauchsteuer durchgeht; andere Experten sind aber skeptisch. Auch eine Ertragssteuer für einzelne Unternehmen gilt als rechtlich problematisch. In der SPD-Fraktion wird derzeit geprüft, ob statt einer Steuer eine Sonderabgabe von den AKW-Betreibern verlangt werden könnte.

Das Grundgesetz ändern

Das ist aber nur zulässig, wenn die Verwendung im direkten Zusammenhang mit der Erhebung steht, erläutert Georg Hermes, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Frankfurt. Das könne bei den Atomkraftwerken schwierig werden, weil die Regierung gerade eine Vereinbarung mit den Unternehmen zur Finanzierung der Endlagerung getroffen hat. „Man braucht eine Rechtfertigung, was der besondere finanzielle Aufwand durch die Atomkraftwerke ist, der nicht schon durch den Endlager-Fonds abgedeckt ist“, sagte Hermes der taz.

Ich wäre auf die Begründung gespannt, warum man einen eigenen Fehler nicht korrigiert

Jochen Flasbarth, SPD

Eine andere Möglichkeit wäre es, das Grundgesetz zu ändern. Denn die Mehrheit der Verfassungsrichter hatte ihre Entscheidung damit begründet, dass der Bund nur Steuern erheben dürfe, die in der Verfassung genannt sind. „Eine Verfassungsänderung wäre auf jeden Fall eine sichere Lösung“, sagte Hermes. Auch das Forum Ökosoziale Marktwirtschaft hält dies für eine Möglichkeit. Doch egal wie die Wahl im September ausgeht: Ohne die Union wäre eine solche Lösung wohl nicht möglich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Teil 2.

     

    Die Gesamtkapitalrenditen (ROCE) der drei Energiekonzerne liegen deutlich über denen der meisten anderen DAX-Unternehmen – bei deutlich geringeren Risiken. Insbesondere der Bereich der Stromerzeugung in Deutschland ist das mit Abstand renditeträchtigste Marktsegment. Das liegt zum einen an der Vielzahl bereits abgeschriebener Großkraftwerke, die seit der Einführung der Strombörse mit ihrer grenzkostenbasierten Preisbildung seit mindestens 10 Jahren in einem dadurch abgesicherten goldenen Ende fahren, zum anderen an der nach wie vor extrem niedrigen Wettbewerbsintensität im deutschen Stromerzeugungssektor. Auch die Einpreisung der CO2-Zertifikate und damit verbunden der Erzielung von exorbitanten Windfall-Profiten durch die größtenteils kostenlose Zuteilung der Zertifikate seit 2005 spielt eine große Rolle.

     

    Durch seine schiere Größe ist E.ON sowohl auf dem deutschen als auch dem europäischen Strommarkt in der Lage, alle Möglichkeiten der Preisbeeinflussung, die sich auf unvollkommenen Märkten ergeben können, zu nutzen.

    http://www.energieverbraucher.de/files_db/1287647417_3999__12.pdf

  • Wie sieht es bei den betroffenen Konzernen wirtschaftlich in Vergleich mit anderen Unternehmen der Energiebranche aus?

     

    Die Studie „Stromwatch 3: Energiekonzerne in Deutschland (Kurzstudie im Auftrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen) kommt zwar aus 2010, wurde aber im Kontext der Einführung des Atomsteuers durchgeführt.

     

    Teil1. Zitat (S. 21): „Die drei Energiekonzerne weisen in ihren Geschäftsberichten aktuell Rückstellungen für Entsorgungsverpflichtungen im Zusammenhang mit der Atomenergie von rund 28 Mrd. EUR auf. Auf Grund von Bewertungsspielräumen bei den nicht vertraglichen Entsorgungsverpflichtungen ergeben sich sowohl Möglichkeiten, GEWINNE in einer SIGNIFIKANTEN GRÖ?ENORDNUNG ZU VERSTECKEN, als auch erheblichen Finanzierungsspielräume und damit ERTRAGSPOTENTIALE, die ANDEREN ENERGIEUNTERNEHMEN NICHT ZUR VERFÜGUNG STEHEN und daher zu ungerechtfertigten Wettbewerbsnachteilen bei diesen führen. Über die Größenordnung dieser Finanzierungsvorteile für die Energiekonzerne kann nur spekuliert werden, da niemand weiß, welche Beträge für die Entsorgung tatsächlich einmal benötigt werden bzw. von den Energiekonzernen bereit gestellt werden müssen.“

    http://www.energieverbraucher.de/files_db/1287647417_3999__12.pdf

  • Na so was!

     

    Bisher tauchte regelmäßig nur Frau Merkel unter, wenn es galt, Verantwortung für eigenes Tun zu übernehmen. Und jetzt handelt so die komplette CDU/CSU?

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    Lasst uns klagen, lasst uns jammern und im Herbst wählen wir dann CDU/CSU/FDP und sogar die Grünen. Ja, wir werden's denen da oben schon zeigen, wo der Bartl den Most holt!

    • 3G
      39167 (Profil gelöscht)
      @81331 (Profil gelöscht):

      Das befürchte ich auch.

      Kann verstehen wer will, ich fasse es nicht!

      31,8 Milliarden haben die Verantwortlichen eh schon verschenkt, verzockt.

      Auf Zeit-Online nachzulesen oder in der Mediathek von Panorama:

      Staat verlor mindestens 31,8 Milliarden Euro.

      Cum-ex, der größte Steuerbetrug in der Geschichte.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    "Die Union schweigt", klar, ist auch nicht deren Geld.