piwik no script img

Neuer US-Open-ChampionVom Kasper zum König

Der runderneuerte Novak Djokovic krönt mit dem US-Open-Sieg eine einmalige Saison. Einst belächelt, jetzt bewundert, scheint ihn nichts aufhalten zu können.

Bin das ich? Novak Djokovic kommt, spielt und siegt auch in New York. Bild: AP

NEW YORK taz | Nach vier Stunden und zehn Minuten behielt er ein letztes Mal die Kontrolle. Rückwärts ließ sich Novak Djokovic auf den blaugetünchten Centre-Court-Boden fallen. Elegant sank er nieder, rollte formvollendet ab und blickte für ein paar Sekunden aufgewühlt in den nachtschwarzen Himmel über New York.

"Es war ein Moment, den ich am liebsten für alle Ewigkeit festgehalten hätte", sagte der neue US-Open-Champion, der im Endspiel den Titelverteidiger Rafael Nadal 6:2, 6:4, 6:7 (3:7) und 6:1 niedergerungen hatte.

"Irreal" nannte Djokovic den vielleicht größten Erfolg dieser unglaublichen Saison, in der er erst zwei Spiele verloren hat. Mit dem dritten Sieg beim vierten Major-Turnier 2011 illustrierte der Serbe eindrucksvoll seine Dominanz in der Tenniswelt, die niemals erwartete Dimensionen angenommen hat.

"Was er da hinlegt, ist einfach verrückt", befand der unterlegene Nadal, der auch schon das Wimbledon-Endspiel gegen Djokovic verloren hatte. Gegen den Mann, der vom Späßchen- und Faxenmacher inzwischen zur definierenden Figur des aktuellen Tennis aufgestiegen ist.

"Unnormal, aber wunderschön"

Das großartige Endspiel, erst im Sonnenlicht, brachte Djokovics Klasse noch einmal auf den Punkt: In beiden Auftaktsätzen lag der 24-Jährige zwar mit 0:2 zurück, kämpfte sich aber entschlossen und völlig unbeeindruckt zurück ins Match. Der Weltranglistenerste spielte bisweilen wie im Rausch gegen einen beileibe nicht schlechten Nadal, der sich verbissen bis zum letzten Punkt wehrte.

"Außerirdisches Tennis" nannte das John McEnroe, der einst drei Mal die US Open gewonnen hat. Selbst eine sechsminütige Behandlungspause wegen Rückenproblemen nach dem dritten, im Tiebreak verlorenen Satz konnte Djokovic nicht aufhalten.

Kann ein Spieler sich so grundlegend verändern wie Djokovic, der in der Szene früher als ewig Kranker, als Lamentierer, als Weichei und Nervenbündel galt, als Spaßvogel ohne sportliche Bedeutung? Heute hat er die flinksten Beinen aller Spieler im Wanderzirkus und eine Ausdauer- und Willenskraft, die sogar die von Nadal übertrifft.

"In den letzten Monaten habe ich eigentlich alles verändert in meinem Leben, nur meine Freundin, die ist zum Glück noch da", scherzte Djokovic am vorerst letzten Traumtag einer Traumsaison, "meine Schläge, meine Strategie auf dem Platz, meine Ernährung, mein Fitnesstraining - alles neu. Und besser."

Deshalb lässt sich die Tennis-Saison, zugespitzt, in zwei Worte fassen: Novak Djokovic. "Es ist eigentlich unnormal, was ich da spiele", sagt er selbst, "aber es ist wunderschön."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!