Neuer Tatort-Kommissar über Dortmund: „National befreite Zone wird Thema"
Im neuen Tatort aus Dortmund will Jörg Hartmann die Nazi-Probleme in der Stadt thematisieren. Außerdem interessiert ihn der Ton, den echte Kommissare drauf haben.
taz: Jörg Hartmann, wie realistisch darf der neue „Tatort“ aus Dortmund sein?
Jörg Hartmann: Wir wollen so nah wie möglich ran an die Realität. Ich habe mich gerade erst mit einem Kriminalhauptkommissar im Dortmunder Polizeipräsidium getroffen. Wir waren sogar in der Kantine essen.
Und was lernt man da so?
Mir geht es um meine eigene Figur: Ich spiele ja den Hauptkommissar Peter Faber, der nach zehn Jahren in Lübeck in seine Heimatstadt Dortmund zurückkommt. Mich interessiert der Ton, den die echten Kommissare draufhaben: Viele Verdächtige stammen doch aus einem – in Anführungszeichen – einfachen Milieu. Da wird dann oft geduzt. Das kann der Faber auch mal machen. Obwohl: Dazu ist er eigentlich nicht der Typ.
Trotzdem gibt es schon vor Drehbeginn Kritik: Der „Tatort“ nutze seine Schauplätze nur als austauschbare Kulisse, lasse die realen Städte verschwinden. Warum sieht man von Köln immer nur den Dom und den Rhein und von Münster nur den Prinzipalmarkt?
Lasst uns doch erst einmal unsere Arbeit machen! Wir wollen auf keinen Fall, dass der Schauplatz Dortmund austauschbar wirkt. Deshalb drehen wir an 10 Tagen in Dortmund. Okay, die Innenaufnahmen entstehen aus Kostengründen in Köln, aber das erkennt keine Sau. Alle Außenaufnahmen werden in Dortmund gedreht – außer vielleicht Szenen auf Parkplätzen.
42, wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Schauspielschule in Stuttgart war er von 1999 bis 2009 festes Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne.
Aber reihen Sie nicht nur ein Ruhrgebietsklischee ans nächste? Fußball, Schrebergarten, Zechen, Arbeitslosigkeit …
In ersten Skizzen wurde so das Leben von Fabers Kollegen Daniel Kossik gezeichnet, der von Stefan Konarske gespielt wird. Aber: Das waren wirklich allererste Skizzen, die seit einem Jahr überarbeitet werden. Wir beginnen Mitte März mit dem Dreh der ersten zwei Teile. In denen müssen wir die Figuren doch erst einmal etablieren – und wir werden dafür sorgen, dass die dortmundtypisch wirken.
Die Dortmunder Polizei hat einen schlechten Ruf. Ihr wird vorgeworfen, auf dem rechten Auge blind zu sein …
Ich habe die Berichterstattung über diese großen Nazidemos verfolgt, die hier jeden September stattfinden. Und ich finde es überhaupt nicht lustig, dass in der Vergangenheit Rechtsextreme bei ihren Aufmärschen von der Polizei beschützt wurden, während Gegendemonstranten teilweise wohl hart angegangen wurden. Da kann ja irgendwas nicht stimmen.
Erfreulicherweise hat man reagiert. Der neue Polizeipräsident Dortmunds jedenfalls geht das Problem des Rechtsextremismus jetzt härter und entschiedener an – das kann ich natürlich nur begrüßen. Ich kenne auch die Diskussion über Straßenprostitution und Drogenhandel im Brennpunkt Nordstadt – ich stamme schließlich aus Herdecke im Süden von Dortmund. Deshalb bin ich auch durch die Nordstadt gelaufen, habe die Gegend auf mich wirken lassen.
Die Neonazis machen sich in Dorstfeld breit und versuchen klarzumachen, dass ihnen der Stadtteil gehört. Wird das auch Thema im „Tatort“?
Die definieren Dorstfeld also als kleine sogenannte national befreite Zone? Das werden wir früher oder später zum Thema machen. Ich finde das absolut reizvoll – und versuche auch die Leute im Team, die nicht aus Dortmund stammen, darauf zu stoßen. Lasst uns das machen, sage ich immer. Das mag zynisch klingen: Aber für einen Krimi ist ein Schauplatz mit Problemen wie hier in Dortmund super.
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