piwik no script img

Neuer Tatort-Kommissar über Dortmund„National befreite Zone wird Thema"

Im neuen Tatort aus Dortmund will Jörg Hartmann die Nazi-Probleme in der Stadt thematisieren. Außerdem interessiert ihn der Ton, den echte Kommissare drauf haben.

Team Dortmund am Tatort. Jörg Hartmann (2. v.r.) spielt Hauptkommissar Peter Faber. Bild: dapd
Interview von Andreas Wyputta

taz: Jörg Hartmann, wie realistisch darf der neue „Tatort“ aus Dortmund sein?

Jörg Hartmann: Wir wollen so nah wie möglich ran an die Realität. Ich habe mich gerade erst mit einem Kriminalhauptkommissar im Dortmunder Polizeipräsidium getroffen. Wir waren sogar in der Kantine essen.

Und was lernt man da so?

Mir geht es um meine eigene Figur: Ich spiele ja den Hauptkommissar Peter Faber, der nach zehn Jahren in Lübeck in seine Heimatstadt Dortmund zurückkommt. Mich interessiert der Ton, den die echten Kommissare draufhaben: Viele Verdächtige stammen doch aus einem – in Anführungszeichen – einfachen Milieu. Da wird dann oft geduzt. Das kann der Faber auch mal machen. Obwohl: Dazu ist er eigentlich nicht der Typ.

Trotzdem gibt es schon vor Drehbeginn Kritik: Der „Tatort“ nutze seine Schauplätze nur als austauschbare Kulisse, lasse die realen Städte verschwinden. Warum sieht man von Köln immer nur den Dom und den Rhein und von Münster nur den Prinzipalmarkt?

Lasst uns doch erst einmal unsere Arbeit machen! Wir wollen auf keinen Fall, dass der Schauplatz Dortmund austauschbar wirkt. Deshalb drehen wir an 10 Tagen in Dortmund. Okay, die Innenaufnahmen entstehen aus Kostengründen in Köln, aber das erkennt keine Sau. Alle Außenaufnahmen werden in Dortmund gedreht – außer vielleicht Szenen auf Parkplätzen.

Bild: imago
Im Interview: Jörg Hartmann

42, wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Schauspielschule in Stuttgart war er von 1999 bis 2009 festes Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne.

Aber reihen Sie nicht nur ein Ruhrgebietsklischee ans nächste? Fußball, Schrebergarten, Zechen, Arbeitslosigkeit …

In ersten Skizzen wurde so das Leben von Fabers Kollegen Daniel Kossik gezeichnet, der von Stefan Konarske gespielt wird. Aber: Das waren wirklich allererste Skizzen, die seit einem Jahr überarbeitet werden. Wir beginnen Mitte März mit dem Dreh der ersten zwei Teile. In denen müssen wir die Figuren doch erst einmal etablieren – und wir werden dafür sorgen, dass die dortmundtypisch wirken.

Die Dortmunder Polizei hat einen schlechten Ruf. Ihr wird vorgeworfen, auf dem rechten Auge blind zu sein …

Ich habe die Berichterstattung über diese großen Nazidemos verfolgt, die hier jeden September stattfinden. Und ich finde es überhaupt nicht lustig, dass in der Vergangenheit Rechtsextreme bei ihren Aufmärschen von der Polizei beschützt wurden, während Gegendemonstranten teilweise wohl hart angegangen wurden. Da kann ja irgendwas nicht stimmen.

Erfreulicherweise hat man reagiert. Der neue Polizeipräsident Dortmunds jedenfalls geht das Problem des Rechtsextremismus jetzt härter und entschiedener an – das kann ich natürlich nur begrüßen. Ich kenne auch die Diskussion über Straßenprostitution und Drogenhandel im Brennpunkt Nordstadt – ich stamme schließlich aus Herdecke im Süden von Dortmund. Deshalb bin ich auch durch die Nordstadt gelaufen, habe die Gegend auf mich wirken lassen.

Die Neonazis machen sich in Dorstfeld breit und versuchen klarzumachen, dass ihnen der Stadtteil gehört. Wird das auch Thema im „Tatort“?

Die definieren Dorstfeld also als kleine sogenannte national befreite Zone? Das werden wir früher oder später zum Thema machen. Ich finde das absolut reizvoll – und versuche auch die Leute im Team, die nicht aus Dortmund stammen, darauf zu stoßen. Lasst uns das machen, sage ich immer. Das mag zynisch klingen: Aber für einen Krimi ist ein Schauplatz mit Problemen wie hier in Dortmund super.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • S
    Sarrazynismus

    "wie nennt man eigentlich Stadtteile, in denen kein Deutscher mehr wohnt?"

     

    Vielleicht "ehemalige Ostgebiete" ... ?

     

    Im jetzigen Deutschland sind mir keine derartigen Stadtteile bekannt.

  • FE
    Frau Edith Müller

    "national befreite Zone"

    Hm, wie nennt man eigentlich Stadtteile, in denen kein Deutscher mehr wohnt? Und wie nennt man die Flucht der linksalternativen Eltern aus hippen sozialen Brennpunkten, sobald die Kinder schulpflichtig werden? Könnte man sagen, diese Eltern sind genaugenommen heimliche Nazis? Ich mein, sie wollen ihre Kinder auch nicht mit Türken und Arabern in einer Klasse sehen. Ja nicht mal in einem Kindergarten! Gibt es da nicht so einen ehem. Tazgründer, der seine Tochter keineswegs in die ihm zugewiesene Schule schicken wollte? Na egal, so lange es für o.g. Leute noch genügend Rückzugsgebiete gibt oder das Einkommen für eine Privatschule reicht. Hauptsache der Kampf gegen Rechts geht weiter!

  • T
    Tatort-Fan

    "wie im Grunde unbedeutende rechte Demos, die daran gehindert wurden geräuschlos und ohne Eindruck zu hinterlassen sich zu verflüchtigen"

     

    "Dortmund ist unsere Stadt" - behaupten die Dortmunder Nazis. Und unter diesem (fantasierten) Machtanspruch terrorisieren sie die Stadt und das Umland seit Jahren!

     

    5 Morde - davon einer ausgeübt im Zusammenhang mit dem NSU-Terrornetzwerk.

    Ständige Bedrohungen, eingeworfene Fensterscheiben, Angriffe, Körperverletzungen und andere Gewalttaten - darunter auf eine Gewerkschaftsdemonstration.

     

    Ein paar Beispiele:

    http://www.j-zeit.de/archiv/artikel.571.html

    http://www.welt.de/politik/deutschland/article13741801/In-Dortmund-raecht-sich-Nachsicht-mit-Nazi-Schlaeger.html

    http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,783326,00.html

     

    Wer da meint, die regelmäßigen Neonazisdemos in Dortmund wären kein Problem, lügt sich in die Tasche - oder will gezielt das Dortmunder Neonaziproblem verharmlosen.

     

    Ansonsten:

     

    "Volkserziehung"? "Polit-Propaganda"??

     

    Welche rechten Parallelwelten machen sich denn hier breit???

     

    Brrr!!!

     

    Tatort ist cool!!

  • T
    tommy

    Wer schaut denn noch Tatort? Ist doch größtenteils genauso schnarchig, links-spießig wie der Rest des öffentlich-rechtlichen Programms...dann doch lieber die brutalen US-Serien auf den Privaten, die sind zwar oft menschenverachtend, aber wenigstens sind die Morde da nicht bloß Vorlage für "Sozialkritik" oder Komödiantisches...

  • L
    lena

    Der Tatort war schon immer unerträglich und Volkserziehung. Kurz zusammengefaßt: Deutsche Polizisten dürfen im Kampf gegen das Böse (austauschbar) gerne alle Gesetze übertreten. Dafür bekommen sie schließlich auf die Schulter geklopft, denn sie haben ja schließlich "das Böse" besiegt. Und die autoritätshörige spießbürgerliche Welt funktioniert wieder: Denn alles ist gut, weil die Polizei recht hat, selbst Wenn sie alle Gesetze übertritt. Wenn das keine höchst politische Volkserziehung ist, was sonst?

  • L
    ludwig

    Es wäre wohl angebrachter die wirklichen Probleme in Dortmund zu thematisieren. Vielleicht sollten sie den "Tatort" in der Nordstadt drehen. Da gibts dann wenigstens echte Tatorte und echte Täter.

  • J
    J.R

    Da wird sich der OB in Dortmund freuen, wenn nicht über die Schmierung des unerträglichen Flughafens, nicht von der konsequenten Politik weg von der Schiene und hin zu LKW-Logistik-Zentren, Verhinderung von vernünftigen Sozialtickets, usw. die Rede ist.

    Wenn hingegen stolz vorgetragen werden kann, wie im Grunde unbedeutende rechte Demos, die daran gehindert wurden geräuschlos und ohne Eindruck zu hinterlassen sich zu verflüchtigen, zu Großtaten im "Kampf gegen Rechts" hochstilisiert zu werden, dann wird der OB sagen können, ich war auch dabei, wie auf dem letzten Weihnachtsmarkt auch.

     

    Oder wird er es doch nicht so toll finden, dass nun Dortmund als "Nazihochburg" erscheinen könnte, was sie noch nicht einmal vor 45 oder gar 33 war?

  • C
    Carsten

    Der Tatort wird immer unerträglicher! Ich will sonntagabends keine Volkserziehung, sondern Unterhaltung. Der Tatort wird vom Krimi immer mehr zur Polit-Propaganda. Den Scheiß tu ich mir echt nicht mehr an. Dann lieber alte Derrick-Folgen aus den 70ern auf YouTube.

  • E
    elisabeth

    finde es komisch, dass einer, der sonst immer die gestörten gespielt hat beim tatort, jetzt kommisar wird. ich fand den immer voll unsymphatisch ..