piwik no script img

Neuer Tarifvertrag für PostbrancheKoalition einigt sich auf Mindestlohn

Wochenlang war er das Streitthema der großen Koalition, nun gibt es eine Einigung über den Postmindestlohn - für Betriebe, die "überwiegend" Briefsendungen transportieren.

Eine Einigung für Postler ist nähergerückt. Bild: dpa

Die Einigung auf einen Mindestlohn in der Postbranche ist doch noch in greifbare Nähe gerückt: Am Donnerstag einigten sich die Gewerkschaft Ver.di und der Arbeitgeberverband Postdienste auf eine Neufassung des Tarifvertrags für Briefdienstleister.

Darin steht, erfasst würden nun "alle Betriebe oder selbstständigen Betriebsteile, die überwiegend Briefe gewerblich oder geschäftsmäßig für Dritte befördern". Ver.di erklärte, damit gelte der tarifliche Mindestlohn nun "für alle hauptberuflichen Briefzusteller und Briefverteiler". Die Höhe des Mindestlohns liegt wie im alten Vertrag zwischen 8 und 9,80 Euro pro Stunde.

"Uns war klar, dass wir pragmatisch mit der Situation umgehen müssen, um unser Ziel zu erreichen", sagte Cornelia Haß, Sprecherin des Bundesvorstands von Ver.di, der taz. "Deshalb sind wir mit der Neufassung der Union entgegengekommen." Ver.di und Postdienste kämpfen gemeinsam für einen Mindestlohn. Der Arbeitgeberverband vertritt vor allem die Deutsche Post AG.

Seit Wochen streiten die Koalitionspartner um die Aufnahme der Postbranche in das Entsendegesetz - was der Einführung eines Mindestlohns gleichkommt. Während die SPD dafür trommelt, hat die Union Bedenken. Um das Gesetz, das eigentlich bereits den Bundestag passiert haben sollte, zu stoppen, zweifelt sie eine Formalie an: Die Bedingung, dass Ver.di mindestens 50 Prozent der Briefzusteller vertrete, sei womöglich nicht erfüllt. In der Neufassung des Tarifvertrags wird der Beruf des Briefträgers nun enger definiert. Auf diese Weise verringert sich die Gesamtzahl der Briefträger. Erhöht wird dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass der Vertrag tatsächlich mehr als die Hälfte aller Briefträger erfasst. Die Definition von Ex-Arbeitsminister Franz Müntefering, "jeder, der einen Brief austrägt, ist ein Briefträger", ist damit hinfällig.

Die Post-Arbeitgeber rechnen damit, dass der Mindestlohn schon im Januar in Kraft treten kann. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte am Donnerstag, er gehe fest davon aus, dass die gesetzliche Regelung in der kommenden Woche im Bundestag verabschiedet werden kann. Am 20. Dezember müsste das Gesetz dann den Bundesrat passieren.

Die SPD-Abgeordneten atmeten gestern auf. Zwar waren sie mit dem Ziel angetreten, einen allgemeinen Mindestlohn für alle einzuführen, doch können sie jetzt wenigstens einen Teilerfolg verbuchen.

Aus der Union kamen dagegen unterschiedliche Reaktionen. Wirtschaftsminister Michael Glos unterstützt die nun gefundene Formulierung. Der Wirtschaftsflügel der Unions-Fraktion meldete aber Bedenken an und forderte eine Absenkung des vorgesehenen Mindestlohns.

Bisher stellte die Union sich auf die Seite der "neuen" Postdienstleister PIN und TNT. Diese argumentieren, ein Mindestlohn gefährde Arbeitsplätze. Sie werfen der Post AG vor, sich in Wahrheit nur die billigere Konkurrenz vom Leibe halten zu wollen - am 1. Januar 2008 fällt das Briefmonopol der Deutschen Post. Die Angestellten von PIN und TNT unterstützen diese Argumentation - und demonstrierten vor einigen Wochen gegen Mindestlöhne.

An der PIN Group ist der Axel Springer Konzern mit 71,6 Prozent beteiligt. Erst im Juni dieses Jahres hatte das Verlagshaus Anteile im Wert von 510 Millionen Euro erworben. Offenbar rentiert sich das Postgeschäft jedoch weniger als erwartet. Laut Springer-Aufsichtsrat habe PIN Schwierigkeiten, sich auf dem Briefmarkt zu behaupten. Ein Mindestlohn macht das Geschäft noch unattraktiver. Anfang November wurde bekannt, dass Springer sich bereits wieder von PIN trennen will. Der Verlag verhandelt nach Angaben des Handelsblatts mit dem ehemaligen niederländischen Post-Monopolisten TNT über einen Verkauf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!