Neuer Regierungssprecher Seibert: Der Konvertit vom Lerchenberg
Die Karriere des ZDF-Moderators Steffen Seibert war bis Samstag so geradlinig, wie es das fast nur noch in der Kommunalverwaltung gibt. Nun wird er Regierungssprecher - ein Porträt.
Der Job als Regierungssprecher ist nicht der erste ungewöhnliche Seitenwechsel in Steffen Seiberts Leben: Vor einigen Jahren ist der Fernsehjournalist von der evangelischen Kirche zum Katholizismus konvertiert. "Ich wollte an die Quelle", beschrieb er damals seine Motivation in einem Interview. An der Quelle sitzt er nun bald - wenn auch in etwas anderem Sinne.
Dabei war seine journalistische Karriere bis zum Samstag so geradlinig, wie es das fast nur noch in der Kommunalverwaltung und bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gibt: Seibert, Jahrgang 1960, begann 1989 als Volontär auf dem Lerchenberg und hält dem ZDF seit mehr als 20 Jahre die Treue. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er Claus Kleber als Moderator des "heute journals" beerbt hätte, sagen sie beim Zweiten - aber so lange wollte Seibert wohl nicht warten.
Dafür ist der 50-Jährige, der viel jünger aussieht und sich eine "schier unangenehme Zähigkeit" attestiert, viel zu ehrgeizig. "Ganz sicher bin ich fleißig", sagte er einmal. Für seinen Sender moderierte Seibert auch schon mal Filmpremieren und war immer voll im Stoff. Doch beim ZDF fehlten ihm zuletzt die Entwicklungsmöglichkeiten.
Als Seibert neben den "heute"-Nachrichten 2007 auch beim "heute journal" zu moderieren begann, konnte er sich vor gut gemeinten Ratschlägen kaum retten. In einem Interview sagt er damals: "Ich werde langsam, aber sicher nervös von all diesen Wohlmeinenden. Deshalb: Ich werds einfach mal machen, und dann werden wir ja sehen."
Diese Taktik empfiehlt sich jetzt mehr denn je. Um seinen neuen Job - "Viel Spaß auf der Titanic" wünschte schon Linke-Vorsitzender Klaus Ernst - ist Steffen Seibert nicht unbedingt zu beneiden, um diese Gelassenheit schon.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin