Neuer Plan zur Bankenstabilisierung: Eine "Bad Bank" für jede Bank

Die Bundesregierung lehnt die zentrale staatliche Übernahme toxischer Kredite ab. Jetzt wird über Einzellösungen mit kleinen, auf die Institute zugeschnittenen schlechten Banken diskutiert.

Schlechte Bank, gute Idee? Die WestLB lagert riskante Wertpapiere in eine "Bad Bank" aus. Bild: ap

Berlin taz Eins ist klar: So wie es die Bundesregierung bislang versucht hat, funktioniert es nicht. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz und der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) haben es nicht geschafft, die Banken in Deutschland und damit auch den Kreditfluss für die Wirtschaft zu stabilisieren. Nur: Was ändern? Neue Bewertungsregeln für Wertpapiere? Eine "Bad Bank"? Eine "Bad Bank light"? Oder lieber ganz viele davon? Am Freitag schien sich die Diskussion auf die letzte Variante zu konzentrieren: Statt die toxischen Papiere aller Banken in eine zentrale staatliche "Bad Bank" auszulagern, könnte jedes Kreditinstitut eine extra Bank gründen, die seine derzeit unverkäuflichen Wertpapiere übernehmen müsste. Im Institut hätte man dann den Kopf frei für andere Geschäfte. Der Staat könnte über den Soffin das Risiko der schlechten Banken abschirmen - oder das Kernunternehmen mit neuem Eigenkapital ausstatten.

Die kriselnde Landesbank WestLB macht ernst mit ihrer Neuordnung und nutzt dabei die Idee der Bad Bank. Nachdem sie schon 2008 toxische Papiere für 23 Milliarden Euro bei der Zweckgesellschaft Phoenix abgeladen hatte, plant sie nun, weitere riskante Wertpapiere und nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktiva wie US-Studentendarlehen und Staatsanleihen in eine wiederum neu zu gründende Gesellschaft auszulagern. Diesmal geht es um ein Volumen von rund 80 Milliarden Euro. Über die Finanzierung wollen die WestLB-Eigentümer, also das Land Nordrhein-Westfalen und die Sparkassenverbände im Rheinland, noch mit dem Rettungsfonds Soffin verhandeln. In der alten WestLB bleiben sollen die Geschäftsbereiche Kapitalmarkt, Mittelstandsfinanzierung und das Firmenkundengeschäft. Damit hätte sie die Bedingungen erfüllt, um mit der Dekabank und der Landesbank Hessen-Thüringen fusionieren zu können. Die EU-Kommission hatte die Garantien der WestLB-Eigentümer für die Risikoabschirmung von Phoenix als Beihilfe genehmigt, dafür aber zur Auflage gemacht, dass die Bank ihre Bilanzsumme verringert und einen neuen Mehrheitseigentümer sucht. Sie erwartet von der WestLB bis Ende März "belastbare Planungen".

"Der Vorteil dieser Lösung ist: Die Banken blieben mit in der Verantwortung", sagt der Bremer Ökonom Rudolf Hickel. Zudem hätten die Finanzinstitute ganz unterschiedliche Probleme, für die man so genau auf sie zugeschnittene Maßnahmen entwickeln könnte.

Im Bundesfinanzministerium scheint man dieser Idee ebenso wenig abgeneigt zu sein wie in der Union. Offiziell heißt es aber: Konkrete Pläne gibt es noch keine", man "analysiere mögliche Lösungswege".

Die Vorsicht ist nachvollziehbar, denn es geht um viel, viel Geld. Zwar gibt es laut Finanzministerium derzeit "keine belastbaren Zahlen" zum Umfang der toxischen Papiere, mit denen vor allem forderungsbasierte Wertpapiere, Kreditderivate und Wertpapiere auf der Basis von Kreditversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps, gemeint sind. Die Finanzaufsicht BaFin geht von rund 246 Milliarden Euro aus, die 20 größten deutschen Banken schätzen das Potenzial an Wertverlusten in einer Umfrage auf mindestens 300 Milliarden Euro, Volkswirtschaftler halten aber auch Summen von bis zu 1 Billion Euro für möglich.

Vorbild könnte laut Hickel die Restrukturierung der Dresdner Bank nach der Übernahme durch die Allianz sein, die er als damaliger Allianz-Aufsichtsrat begleitet hatte. Seit 2002 gab die Bank 35 Milliarden Euro an Vermögenswerten, inklusive 10 Milliarden Euro notleidender Kredite, an die interne Institutional Restructuring Unit ab, wo sie abgewickelt und verkauft wurden - mit einem vergleichsweise überschaubaren Verlust.

Das öfter genannte Beispiel ist die schwedische Nordbanken, die in der Bankenkrise Anfang der 90er-Jahre allerdings verstaatlicht wurde, bevor die Regierung dann die Bad Bank Securum gründete. Anders als bei der Dresdner Bank handelte es sich hier also um ein externes Unternehmen. Securum übernahm Problemkredite der Nordbanken mit einem Bruttowert von 67 Milliarden schwedischen Kronen zu einem deutlich niedrigeren Preis. Statt um strukturierte Finanzprodukte, die heute das Problem sind, handelte es sich vor allem um Immobilien wie ein Skigebiet in den USA, die britische Botschaft in Birma, Einkaufszentren und Hotels. Teilweise wurden diese verkauft, teilweise in eigenen Securum-Töchtern zusammengepackt und an die Börse gebracht.

Die "Bad Bank" war auf 15 Jahre angelegt, hatte aber nach fünf Jahren immerhin drei Viertel des Geldes wieder hereingeholt. Dass die Steuerzahler letztlich sogar profitierten, liegt daran, dass der Staat heute noch mit 20 Prozent an Nordeuropas größtem Bankkonzern Nordea beteiligt ist, in dem die Nordbanken im Jahr 2000 aufging.

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