: Neuer Mann in Tschad lobt Frankreichs Hilfe
Ndjamena/Paris/Berlin (taz/afp) — Der neue Machthaber im nordafrikanischen Tschad, Idriss Deby, behauptet, nicht unbedingt Präsident des Landes werden zu wollen. In einem Radiointerview sagte er, die von ihm im Exil gegründete Patriotische Heilsbewegung (MPS) wolle „ihre Verantwortung übernehmen“ und ein demokratisches Mehrparteiensystem einführen. „Meine Sorge ist nicht, Präsident der Republik zu werden“, sagte er. „Die Bewegung ist gekommen, um die Waffen niederzulegen.“
Deby war vor etwa drei Wochen mit seiner Rebellengruppe aus dem Sudan in den östlichen Tschad eingedrungen. Nach einer entscheidenden militärischen Niederlage der Regierungstruppen floh Präsident Habré mit seinen Ministern am Samstag nach Kamerun. Am späten Sonntag nachmittag rückte Deby in einem schwarzen Mercedes in Tschads Hauptstadt Ndjamena ein und ließ sich von etwa 1.000 Menschen feiern. Er fuhr nicht in das vom Parlamentspräsidenten Alingue für Verhandlungen vorbereitete Luxushotel, sondern in ein Militärlager seiner Soldaten. Danach traf er mit dem französischen Botschafter in Tschad. Gestern war die Hauptstadt nach dem turbulenten Wochenende weitgehend ruhig. Verbliebene habrétreue Militäreinheiten ergaben sich der MPS.
Deby, der gestern weitere Gespräche über die Zusammensetzung einer zukünftigen Regierung führte, würdigte die „Neutralität“ der französischen Truppen im Land, die ihm „geholfen“ habe. Pariser Politiker reagierten darauf irritiert. „Die Zeit ist vorbei, wo Frankreich über die Wahl von Regierungen verfügte, sie austauschte oder stützte, wenn es das wollte“, sagte Außenminister Dumas. Bereits vor Tagen hatte Verteidigungsminister Chevènement erklärt: „Unsere Armee greift ein, um die Integrität von Staaten zu garantieren, nicht um Regierungen zu verteidigen.“ Paris gab gestern den Abzug von 800 Soldaten aus Tschad bekannt. Die restlichen 1.000 sollen zusammen mit Debys Einheiten in Ndjamena den Flughafen sichern.
Libyen, das Deby in seinem Exil reichlich mit Waffen ausgestattet hatte, ist mit dessen Lob für Frankreich offenbar nicht ganz glücklich. Tschads ehemaliger prolibyscher Präsident Goukouni Weddeye, der 1982 von Habré gestürzt worden war, soll sich in Libyen auf eine bewaffnete Rückkehr nach Tschad vorbereiten, meldete gestern der französische Rundfunk. D.J.
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