Neuer Geheimdienstskandal: Grüne und FDP fordern Aufklärung
Der BND hat irakische Flüchtlinge ausgefragt und kriegswichtige Informationen ans US-Militär weitergegeben. Pro Asyl hält dies für einen "Skandal". Grüne und FDP fordern Aufklärung.
BERLIN taz Hat der BND systematisch Flüchtlinge aus dem Irak vernommen? Und dabei gewonnene kriegswichtige Informationen an das US-Militär weitergegeben, obwohl die rot-grüne Bundesregierung 2003 vehement gegen den Irakkrieg Stellung bezogen hatte? Die taz berichtete am Mittwoch, dass genau dies der Fall war. Nun reagieren Parteien und Pro Asyl.
Verhalten positiv reagierte Max Stadler, der die FDP im BND-Untersuchungsausschuss vertritt. "Der Bericht gibt Anlass für Fragen an die Bundesregierung", so Stadler. Zu klären sei, ob Asylbewerber aus dem Irak systematisch vom BND verhört wurden und ob deren Auskunftswilligkeit Einfluss auf ihr Asylverfahren gehabt habe.
Pro Asyl hält die BND-Praxis für "sehr problematisch". Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin der Organisation, kritisiert, dass "der BND die Notsituation von Flüchtlingen ausgenutzt hat". Dabei verbiete sich jede Vermischung von Informationsbeschaffung durch Geheimdienste und Asylverfahren. Dass die dabei gewonnen Informationen auch noch Kriegszwecken dienten, sei, so Pelzer, "ein Skandal, der ohne Schonung von Außenminister Steinmeier aufgeklärt werden muss".
Hans-Christian Ströbele, Vizechef der grünen Bundestagsfraktion und Mitglied im BND-Untersuchungsausschuss, traut dem BND durchaus zu, dass er Informationen von irakischen Flüchtlingen "ohne Hemmungen an die USA" weitergegeben hat. Ströbele erinnert an den Fall "Curveball". Dies war der Deckname eines irakischen Flüchtlings, der 1998 nach Deutschland kam und prompt vom BND vernommen wurde. Curveball fütterte den BND mit falschen Informationen über Saddams Waffenproduktion, die die Bush-Regierung für die Rechtfertigung ihres Angriff auf den Irak nutzte. Der Fall Curveball ereignete sich lange vor Beginn des Irakkrieges, zeigt aber, dass es gängige Praxis des BND war, irakische Flüchtlinge zu verhören.
Wie wichtig die Informationen, die der BND später aus Gesprächen mit Flüchtlingen gewann, für die US-Kriegsführung waren, lässt sich "aus der Ferne nicht beurteilen", so Ströbele. Der BND hatte während des Krieges zwei Agenten in Bagdad, die Daten an das US-Militär lieferten. Es sei gut vorstellbar, dass die aus Gesprächen mit Irakern in Deutschland gewonnenen Fakten über Mossul und Ölanlagen Angaben der BND-Agenten in Bagdad ergänzt hätten.
Die Fakten des taz-Artikel werden, so Ströbele, nicht mehr im BND-Untersuchungsausschuss verhandelt. Dafür sei die Zeit zu knapp. Doch gebe es andere Möglichkeiten. Das Parlamentarische Kontrollgremium soll sich mit den aufgeworfenen Fragen befassen. Möglich sei auch, dass die Grünen eine Anfrage an die Bundesregierung richten, um zu klären, welche Informationen an das US-Militär weitergegeben wurden.
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