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Neuer Fußballwettskandal10 Millionen Euro abkassiert

200 Spiele in Europa, davon viele in der Türkei, sollen von Deutschland aus manipuliert worden sein. Spekuliert wird, ob alte Bekannte aus dem Fall Hoyzer darin verwickelt sind.

Der Vizepräsident des SSV Ulm, Mario Meuler, wird von Journalisten umringt. Der Verein hat volle Kooperation mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Bochum zugesagt, um die Manipulationsvorwürfe gegen ihn aufzuklären. Bild: dpa

Ein knappes Dutzend Kamerateams, dazu Reporter aus dem ganzen Bundesgebiet und darüber hinaus - ein derart großes Medienaufgebot haben sie in Bochum schon lange nicht mehr erlebt. Vor allem dann nicht, wenn es um den Profifußball geht. Aber diesmal war es nicht der örtliche VfL, der die Medien nach Bochum einlud, sondern die Staatsanwaltschaft und Polizeibehörde. Im Schatten des Deutschen Bergbaumuseums mit seinem riesigen Förderturm wurden dann auch die Einzelheiten eines neuerlichen, europaweiten Wettskandals ans Tageslicht befördert.

Etwa 200 Spiele im In- und Ausland verliefen im laufenden Kalenderjahr so, dass die Fahnder den konkreten Verdacht der "versuchten oder vollendeten Manipulations- oder Betrugshandlung" hatten. Bundesweit stehen mindestens 32 Spiele von der Zweiten Liga abwärts im Fokus der Ermittlungen. Darüber hinaus sind acht weitere europäische Länder betroffen - darunter die Türkei mit knapp 30 Spielen der ersten und zweiten Liga - sowie 15 Partien der Champions- und Euro League.

Über das gesamte Ausmaß kann derzeit nur spekuliert werden. Peter Limacher, Uefa-Experte für die Bekämpfung von Spielmanipulationen durch Wettbetrug, sprach bereits zu diesem Zeitpunkt vom "größten Skandal" in der Geschichte des europäischen Profifußballs. Er zeigte sich auf der Pressekonferenz "sehr betroffen", lobte aber gleichzeitig die gute Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort. Seit Anfang des Jahres ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft Bochum gegen eine international agierende Bande aus Wettbetrügern. Auslöser waren abgehörte Telefonate im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die organisierte Kriminalität im Ruhrgebiet. Dabei seien auch Hinweise auf Manipulationen von Fußballspielen im In- und Ausland aufgetaucht.

Die Spuren führten die Ermittler vom Ruhrgebiet aus nach Berlin, Nürnberg sowie ins europäische Ausland. Am Donnerstagmorgen wurden schließlich auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bochum bundesweit 15 Haftbefehle vollstreckt. Hinzu kamen zwei Verhaftungen von Bandenmitgliedern in der Schweiz. Der Vorwurf lautet in allen Fällen "gewerbsmäßiger Bandenbetrug". Insgesamt habe es mehr als 50 Durchsuchungen in mehreren europäischen Ländern gegeben, "darunter auch in Großbritannien, Österreich und der Schweiz", so ein Sprecher der Polizei. Dabei sei umfangreiches Beweismaterial sichergestellt worden. Darunter habe sich auch jede Menge Bargeld befunden. Die Ermittler gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass die Betrüger Gewinne in Höhe von mindestens 10 Millionen Euro abkassiert haben.

Angaben zu Personen, Vereinen und Spielpaarungen wurden nicht gemacht, um die weiteren Ermittlungen nicht zu behindern. Zu Vorkommnissen beim Freundschaftsspiel zwischen dem Viertligisten SSV Ulm und Fenerbahce Istanbul am 14. Juli dieses Jahres schwiegen die anwesenden Vertreter von Staatsanwaltschaft und Polizei ebenfalls. Laut Süddeutsche Zeitung sollen mehrere Ulmer Spieler einen fünfstelligen Betrag erhalten haben, um ein exaktes Spielergebnis zu begünstigen. Die Partie endete 5:0 für den türkischen Rekordmeister.

Doch damit nicht genug: Nach Informationen der Neuen Osnabrücker Zeitung sollen auch Spieler des VfL Osnabrück in mögliche Spielmanipulationen in der Zweiten Bundesliga verwickelt sein. Der Zeitung nach verdächtigt die Staatsanwaltschaft Bochum als Verantwortlichen einen 34-Jährigen aus dem ostwestfälischen Lohne. Er soll mit Hilfe von Osnabrücker Profis in der vergangenen Saison zwei Spiele manipuliert haben, und zwar die Auswärtsspiele der Osnabrücker beim FC Augsburg (0:3) am 17. April 2009 und beim 1. FC Nürnberg (0:2) am 13. Mai 2009. Der Mann soll zu den Personen gehören, die am Donnerstagmorgen verhaftet wurden.

Im Vorfeld der Pressekonferenz wurde spekuliert, dass zwei der Hauptverdächtigen aus der Berliner Wettmafia stammen, die vor fünf Jahren unter Mithilfe von Schiedsrichter Robert Hoyzer mehrere Spiele manipuliert hatten. Dabei soll es sich um die Brüder Ante und Milan Sapina handeln. Hoyzer wie die Sapina-Brüder wurden zu Haftstrafen verurteilt, sind aber wieder auf freiem Fuß. Zumindest bei Hoyzer ist ein Rückfall ausgeschlossen. Der Deutsche Fußball-Bund sperrte ihn lebenslang.

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3 Kommentare

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  • WL
    Werner Lorenzen-Pranger

    Veranstaltungen, in denen man all zu häufig, wöchentlich, Zuschauerzahlen, erwarten kann wie bei einem Konzert einer "Supergruppe" wie den Rolling Stones etwa, sind Veranstaltungen des Show-Geschäfts. Der Sport tritt da völlig in den Hintergrund. Belegt wird das auch unter anderem auch durch die Wahl irgendwelcher Fußball-(Bayern-)Manager zum "Manager des Jahres" z.B.

    Wo es um solche Einnahmen durch Besucher, Werbung, "TV-Verwertungsrechte" usw. geht, wollen natürlich viele gern mit verdienen.

    Fußball ist Show - schon sehr lange nicht mehr Sport!

  • H
    Hoch

    Ich werde trotz alldem auch weiterhin ein begeisterungsfähiger Fußball-Fan bleiben. Denn: Ist es nicht irre schön, während der spannenden Momente jeweils vom Sitzplatz hoch zu springen, die Vereinsfahne zu schwingen, gemeinsam mit den vielen Anderen den Mund weit aufzureißen und wie ein Wahnsinniger die Spieler anzufeuern. Ach ja...!

  • HF
    Heimann, Frank

    Das ist doch alles ganz einfach: Wer wettet, der betrügt. Das sagt der Volksmund, und er hat recht. So lange es Wetten gibt, gibt es auch Bestrebungen, das Wettergebnis in die gewünschte Richtung zu manipulieren. Also muss man das Wetten auf Fußballspiele verbieten, wenn man saubere Spiele haben will. Das klingt utopisch, aber die Milliarden-Umsätze, die mit dem normalen Wettbetrieb gemacht werden, sind einfach zu lukrativ, dass auch Kriminelle ein Stückchen vom Kuchen abhaben wollen. Wären Wetten verboten, wären diese Umsätze in die Illegalität abgedrängt, und dadurch deutlich geringer. Jedenfalls: Verschobene Spiele sind für die Glaubwürdigkeit des Sports tausendmal schlimmer als Doping.