Neuer Berliner Erzbischof Woelki: Einer für den reaktionären Flügel

Hilfsbischof befördert: Rainer Maria Woelki wird neuer Erzbischof in Berlin. Eine Überraschung. Seine Biographie spricht für eine rückwärtsgewandte Ausrichtung seines Denkens.

Einer mit blitzblanker Kirchenkarriere: Rainer Maria Woelki. Bild: dpa

BERLIN taz | In der deutschen Presse hatte ihn niemand im Notizblock, selbst bei Insidern der katholischen Szene der Hauptstadt wurde noch am Vorabend auf andere Namen gewettet: Der Kölner Weihbischof Rainer Maria Woelki wird der neue Erzbischof von Berlin.

Das ist eine echte Überraschung. Denn der 54-jährige Geistliche, eine Art Regional- oder Hilfsbischof im Rheinland, ist ein ziemlich unbeschriebenes Blatt - anders als andere Namen, die gehandelt wurden, etwa der eher liberale Bamber Erzbischof Ludwig Schick oder der reaktonäre Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst.

Vor allem zwei Aspekte im Werdegang des neuen Erzbischofs an der Spree lassen jedoch aufhorchen: Seine Jahre als Sekretär des Kölner Erzbischofs, Joachim Kardinal Meisner, einerseits. Andererseits seine Promotion an der päpstlichen Opus-Dei-Universität vom Heiligen Kreuz in Rom. Dass Woelki noch heute diesem extrem konservativen Priester- und Laienbund in der Kirche sehr nahe steht, ist allen Fachleuten am Rhein klar. Ein formelles Mitglied scheint er aber nicht zu sein. In der Regel verschweigen die Angehörigen dieser extrem traditionalistischen Strömung in der Kirche ihre Mitgliedschaft bei Opus Dei.

Aufstieg in den Club der Papstwähler

Alles spricht demnach für eine rückwärtsgewandte Ausrichtung von Woelkis Denken, allerdings halten sich Weihbischöfe in der Regel mit (kirchen-)politischen Aussagen zurück, ganz sicher ist das also nicht. Aller Voraussicht nach aber wird mit der Wahl Woelkis der reaktionäre Flügel des deutschen Katholizismus erneut gestärkt. Denn der Berliner Erzbischof wird der Tradition zufolge wie sonst nur noch in Köln und München nach einer Weile Kardinal - und rückt so in den kleinen Club der Papstwähler auf, ja kann mit großem Glück selbst Papst werden. Ende September wird Papst Benedikt XVI. übrigens an der Spree erwartet, auch deswegen eilte die Berufung eines neuen Erzbischofs.

In einem Interview, das vorab von Meisners Sprachrohr, dem Kölner Domradio, geführt wurde und mit der Ernennung online ging, erklärt Woelki, dass er überrascht gewesen sei von der Auswahl des Papstes – und auch sein Kölner Kardinal sei dies wohl gewesen. Das aber ist bestenfalls die eine Hälfte der Wahrheit. Denn ziemlich sicher ist, dass Meisner in Rom ein gewichtiges Wort für Woelki eingelegt hat, der am Rhein schon mal als "Kofferträger" des Oberhirten belächelt wurde. Der neue Erzbischof will sich vor einem ersten Auftritt am Dienstag in Berlin nicht mehr in der Presse äußern, bis dahin ist vieles Spekulation.

Klar ist: Woelki wurde in Köln-Mühlheim geboren und hat eine blitzblanke Kirchenkarriere hingelegt. Interessant ist seine Zeit als Direktor des Collegium Albertinum, des Studienhauses der Priesterkandidaten für das Erzbistum Köln und das Thema seiner Dissertation, die er an der Opus-Dei-Universität sehr schnell abschloss: Es ging um die Pfarrei. Manche leiten daraus besondere seelsorgerliche Fähigkeiten Woelkis ab.

"Lieber ein intelligenter Konservativer"

Fast wortgleich wird er von mehreren Gewährsleuten aus dem Kölner Erzbistum als "Ziehsohn" oder gar "Vertrauter" Meisners bezeichnet. Immerhin, Woelki hat den Ruf, "bisher bescheiden" zu sein, wie es ein Insider in Köln sagt, der ungenannt bleiben möchte. Christian Linker, der Vizevorsitzende des Kölner Diözesanrates, also des obersten Laiengremiums des Erzbistums, drückt es so aus: "Lieber ein intelligenter Konservativer als ein blöder Liberaler." Zudem gilt Woelki als anpassungsfähig. Insofern haben liberale Kreise des Katholizismus an der Spree ein wenig Hoffnung, dass er nicht so verbohrt ist wie etwa Tebartz-van Elst, dessen Berufung in die Hauptstadt geradezu befürchtet worden war..

Christian Weisner, einer der Sprecher der Basisbewegung "Wir sind Kirche", meint, es werde interessant sein zu sehen, wie Woelki, aus dem starken und stolzen rheinischen Katholizismus kommend, sich in Berlin zurecht finden werde, wo der christliche Glaube vor allem der katholischen Ausrichtung klar in der Minderheit sei und die Ökumene eine große Rolle spiele. Gespannt sein darf man auch, wie Woelki mit Klaus Wowereit zurecht kommen wird. Der schwule Berliner Landesvater von der SPD musste aufgrund des so genannten Preußenkonkordats zumindest formal im Vorfeld von Woelkis Ernennung qua Amt erklären, keine Einwände gegen ihn zu haben.

Wie der Spiegel im April meldete, hat Woelki im Auftrag Meisners die Diakonatsweihe eines katholischen Mannes verhindert, weil der vor Jahren in einem Aufklärungsbuch einmal Homosexualität als menschliches Faktum verteidigt hatte. Woelki soll gesagt haben: "Das verstößt aber gegen die Schöpfungsordnung." In Berlin dürften dem neuen Erzbischof aufregende Jahre bevor stehen.

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