Neue Zeitschrift "Gala Kids": I want my Gucci-Me
Ganz neu auf dem Markt: "Gala Kids", die Einkaufshilfe für den hip-neureichen Jungmütternachwuchs. Oder steckt etwas anderes dahinter?
BERLIN taz | Jetzt weiß ich, was mir jahrelang hinterher gerufen wurde: Yummy Mummy! Und ich dachte schon, es war Dummy, Dummy! Da kann man als trendige Mutti im lässigen Look schon mal verunsichert sein, wenn man sich keiner Peer Group zuordnen kann und kein Leitmedium hat. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt: Künftige Generationen werden es leichter haben, denn jetzt gibt es Gala Kids.
Das Heft richtet sich an Yummy Mummies – die urbane beruftstätige und stylishe Müttergeneration mit Kindern von bis zu 12 Jahren, entnehme ich der Pressemitteilung von Gruner und Jahr. Ich bin ja so erleichtert. Nido (mit viel Text und ohne ausreichend Promi-Kinder wie Kingston Rossdale und Suri Cruise), das ist ja gar nicht meine Welt.
Beim ersten Durchblättern von Gala Kids, ich geb's zu, bin ich kurz irritiert, denn die Mütter in den Modestrecken haben ihre Kinder mit ungefähr zehn Jahren bekommen, sind heute vielleicht 16 – und ihre Kinder sechs Jahre alt. Für einen Augenblick fand ich es ein bisschen verantwortungslos von den sehr jungen Müttern, diese Kinder – fast ausschließlich kleine Lolitas in Schlüppis – zu Kinderarbeit heranzuziehen... aber irgendwie muss die Yummy Mummy ihr recht kostenintensives Leben ja bestreiten. Da hab ich vollstes Verständnis, aber eigentlich ganz andere Sorgen.
Zum Glück lässt Gala Kids mich auch da nicht im Stich: "Die einzige Regenwolke über dem postnatalen Paradies: Wo ist meine Figur geblieben?" Endlich jemand, der mich versteht. Schnell zurück in Topform kommt man nur mit Markenprodukten ab 30 Euro - das ist mir mein Yummy-Mummy-Körper aber auch wert. Und was mir meine Kinder erst wert sind: Wenn sich mein "Mini-Me" im Partnerlook schon unbedingt schminken muss, dann will ich mich wenigstens bezüglich der Inhaltsstoffe entspannen können – koste es was es wolle. Und mit welchen Produkten ich den blonden Rapunzel-Style von Reese Witherspoons Tochter kopiere, wollte ich auch schon immer mal wissen. Ferndomizile, die tollsten Geburtstagsparties à la Hollywood, Badezusätze, Sonnenschutzmittel, jede Menge Mode und Innenausstattung: hier bin reich, komplett sinn- und hirnentleert, hier darf ich sein.
Total gut gefallen hat mir auch das Interview mit Jessica Alba. Der ehemals heißeste Hollywood-Feger ist wieder schwanger, lässt sich mit Weichzeichner in einer weißen Tunika ablichten und gibt wichtige Denkanstöße. Die Geburt ihrer Tochter habe ihr die Augen geöffnet. "Ich habe mich hingesetzt, mein Leben analysiert und neu sortiert: Was ist wirklich wichtig?" Jetzt guckt sie nicht mehr nur aufs Geld und möchte nur noch aus guten Gründen von dem "Kostbarsten in ihrem Leben" getrennt sein. Und ich dachte schon, sie würde aus Angst, vergessen zu werden, gerade jetzt auf jedem roten Teppich aufkreuzen… Puh.
Das Leben als Yummy Mummy ist aber nicht nur shoppen und so. Man muss seinen Kindern schon was bieten, besonders wenn es um gesunde Ernährung geht. Bis die drei Bananentaler mit Tahini-Frischkäse und Vollkorntoast so akkurat wie auf dem Bild aussehen, ist allerdings schon eine ganze Toastpackung durchgestanzt. Da liegt er jetzt, der große Haufen Toast mit Banane - aber wenn's nicht schön aussieht, essen meine kleinen Stars das nicht. Gala Kids versteht mich.
Auch sehr interessant lasen sich die Kommentare von total unwichtigen Leuten wie der 11-jährigen Gala-Redakteuerstochter, den Hanni-und-Nanni-Darstellerinnen und Dana Schweiger zu acht Seiten Promi-Kinder-Schnappschüssen. Wie die das so finden, was die anhaben. Das war so spannend, das ich nach der Lektüre erschöpft auf dem Sofa einschlief.
Mein vierjähriges Mini-Me fragte vorsichtig, ob es auch mal in das Heft gucken dürfe. Ich nickte schwach und schlief eine Stunde ungestört. Dann erwachte ich von leisem Gemurmel: "Das bin ich, das will ich haben, den Koffer, die Gucci-Gummistiefel, und das…." Ach soooo, Mini-Me ist die Zielgruppe. Deswegen auch die Nuckelflasche aus Schokolade als süßes Give-away. Ich kann das ja auch nicht essen, denn ich will noch lange eine Dummy Mummy bleiben. Äh, Yummy Mummy.
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