Neue US-Nuklearstrategie: Obama will Bomben loswerden

Auch der jetzige US-Präsident will einen atomaren Erstschlag nicht generell ausschließen. Er wird aber wohl bald tausende Atomwaffen abschaffen und die letzten Atombomben aus Deutschland abziehen.

Atomwaffengegner protestieren im September 2009 vor der CDU-Parteizentrale in Berlin für den Abzug atomarer Sprengköpfe von der US-Basis Büchel in Rheinland-Pfalz Bild: dpa

WASHINGTON dpa/afp | Präsident Barack Obama steht nach einem Bericht der New York Times kurz vor der Entscheidung, das US-amerikanische Atomwaffenarsenal um tausende Waffen zu reduzieren. Wie das Blatt am Montag berichtete, wird sich Obama an diesem Montag mit Verteidigungsminister Robert Gates und anderen Top-Sicherheitsleuten treffen, um über die neue Nuklearstrategie zu sprechen. Gates wolle dabei noch einige offene Punkte ansprechen. Klar sei aber bereits, dass das Weiße Haus einen Vorschlag ablehne, einen atomaren Erstschlag generell auszuschließen.

Mit der neuen Nuklearstrategie sollen unter anderem verschiedene Initiativen der Bush-Regierung wieder rückgängig gemacht werden sollen. Sie wird in der so genannten Nuclear Posture Review des US-Verteidigungsministeriums enthalten sein, die erstmals 1994 formuliert und 2002 überarbeitet wurde. Laut New York Times wird Verteidigungsminister Robert M. Gates wird Obama am Montag verschiedene Lösungsvorschläge für bisher ungelöste und innerhalb der Regierung heiss diskutierte Aspekte der Nuclear Posture Review unterbreiten.

Ganz oben steht die Frage, ob und wie die Umstände, unter denen die Vereinigten Staaten den Einsatz atomarer Bomben erwägen könnten, begrenzt werden sollten - ein Schlüsselelement der nuklearen Abschreckung seit dem Kalten Krieg.

Obama hatte schon zu Beginn seiner Amtszeit die Initiative für eine atomwaffenfreie Welt gestartet, die er während seines Europabesuchs im Frühling 2009 bei einer öffentlichen Rede in Tschechiens Hauptstadt Prag vorgestellt hatte. Kritiker aus dem Lager der oppositionellen Republikaner werfen ihm seitdem vor, der Verzicht auf Atomwaffen gerade angesichts neuer Bedrohungen durch den Iran und Nordkorea sei naiv. Kritiker auf der linken Seite beschuldigen ihn dagegen, nicht schnell genug Abrüstungsschritte unternommen zu haben.

Viele Elemente der neuen Strategie seien längst ausgearbeitet, so hochrangige Regierungsvertreter und Militärs, die an mehr als einem halben Dutzend Gesprächen hinter verschlossenen Türen beteiligt waren. So verpflichte die Strategie die Vereinigten Staaten dazu, keine neuen Atomwaffen zu entwickeln - dazu zählen auch die von der Bush-Regierung favorisierten so genannten Bunkerbrecher, die radioaktives Material enthalten. Obama hatte allerdings auch angekündigt, dass er Amerikas Waffenlabors für viele Milliarden von Dollars modernisieren lassen möchte, um die Verlässlichkeit des verkleinerten Waffenarsenals sicherzustellen. Ein gestiegenes Vertrauen in die Sicherheit von US-amerikanischen Waffen, so Vizepräsident Joseph R. Biden, würde die Beseitigung "überflüssigen" Materials ermöglichen.

"Aus dem Dokument wird klar hervorgehen, dass es zu einer dramatischen Reduktion kommt, die in die Tausende gehen kann“, so ein Regierungsvertreter. Sie würde durch das Einstampfen einer großen Zahl von Atomwaffen erreicht, die sich gegenwärtig in den Depots befinden.

Die Regierung habe in vertraulichen Gesprächen mit den NATO-Bündnispartnern aber auch die Frage nach einem möglichen Rückzug taktischer US-Atomwaffen aus Europa angeschnitten. Davon betroffen seien Deutschland, Italien, Belgien, die Türkei und die Niederlande. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte auf Druck der FDP im Koalitionsvertrag festschreiben lassen, dass in dieser Legislaturperiode eine Vereinbarung über den Abzug der letzten verbliebenen Atombomben aus Deutschland erreicht werden soll. Zuletzt forderte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar den Abzug der US-Nuklearwaffen.

Die USA lagern nach Schätzungen von Experten im Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz unterirdisch zehn bis zwanzig Atombomben. Büchel ist inzwischen der einzig verbliebene Standort in Deutschland mit Atombomben, nachdem vom US-Stützpunkt Ramstein im Jahr 2004 die dort gelagerten bis zu 130 Atombomben abgezogen wurden. Zuvor hatte die US-Armee auch die in Memmingen und Noervenich gelagerten Atombomben abgezogen.

Die neue Nuclear Posture Review soll die Vereinigten Staaten aber auch stärker in Richtung einer nicht-nuklearen Verteidigung lenken. Diese werde stärker auf einer Raketenabwehr beruhen, die zum größten Teil in Reichweite zum Persischen Golf installiert werden soll - fokussiert auf eine wachsende Bedrohung durch den Iran. Obamas kürzlich veröffentlichte Quadrennial Defense Review beinhaltete auch die Unterstützung für "Prompt Global Strike", einer neuen Klasse von nicht-nuklearen Waffen, die, von US-Boden abgefeuert, jedes beliebige Ziel in weniger als einer Stunde erreichen könnten.

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