piwik no script img

Neue Talkshow „Gedankenpalast“ im BRDer Pfau muss weg

Oliver Polak geht für seine neue Talkshow zum Reden in den Wald. Unter einer Discokugel mit Welpen bekommen die Gespräche nur selten Tiefe.

Die neue Sendung von Polak experimentiert mit Pfauen, Welpen und Gästen Foto: Gerald von Foris/BR

Ein schillernd gekleideter Oliver Polak singt in einem vernebelten Wald, mit dabei sind genug Tiere für einen halben Zoo, pink gekleidete Tänzerinnen und Gäste. Mit dieser Szene heißt der Moderator zu seiner neuen Talkshow „Gedankenpalast“ im BR Fernsehen, dem regionalen Fernsehprogramm des Bayerischen Rundfunks, willkommen. Was schon im Intro wild zusammengewürfelt scheint, wird im Laufe der Stunde immer ausgeflippter.

Moderator Polak sitzt in einer braunen Mönchsrobe seinen Gästen gegenüber, in der Debütfolge sind das der Schlagersänger Patrick Lindner und die Journalistin Yasmine M’Barek. Alle zehn Minuten wird eine Discokugel heruntergelassen, die sich halbiert und aus der dann ein Zettel gezogen wird. Darauf steht, zu welchem Thema als nächstes gesprochen werden soll.

Die Auswahl ist sehr erfrischend. Vorgegeben sind unter anderem vulgäre Sprache, Geld und Wut. Die Gäste in der Kombination haben allerlei neue Perspektiven, die sich durchaus ergänzen. Ihre Antworten bringen einen echten Mehrwert. „Wut mündet entweder in einer Blockade oder es löst eine Blockade“, sagt beispielsweise M’Barek.

In der nebligen Waldkulisse erreicht das Gespräch eine ganz besondere Atmosphäre. Die Gäste lassen sich in einem skurrilen Rahmen auf ernste Themen ein. Auf den Schößen Ein kleiner süßer Hund sitzt mal bei dem einen, mal bei dem anderen Gast auf dem Schoß. Das unterstreicht die Eigenartigkeit dieser neuartige Show und ist sehr entspannend. Das Wagnis gelingt, bei den Zu­schaue­r:in­nen wird die Neugierde geweckt.



Der umherwandernde Pfau, der andauernd mit einem höchst eigenartigen Geräusch die Gespräche unterbricht, ist dagegen einfach nur nervig. Genauso wie der stockende Gesprächsfluss, nicht zuletzt bedingt durch das Klingeln eines Weckers, der alle zehn Minuten ankündigt, dass ein neuer Zettel gezogen werden soll.

Entweder unterbricht ein Wecker oder der Pfau

Aber auch wenn der Wecker nicht unterbricht, hapert der Dialog manchmal. So kommt es, dass M’Barek sehr persönliche Auskunft über ihre Gefühlswelt gibt. Polak hört aufmerksam zu und auch Lindner scheint zuzuhören. Doch so wirklich darauf eingegangen wird oftmals nicht, schnell wird dann zu einer neuen Facette des Themas gesprungen. Das führt dazu, dass die Tiefe, die durch die spannenden Aussagen potenziell erreicht werden könnte, verpasst wird.

Die Show

„Gedankenpalast“, fünf Folgen, seit 17. Februar jeden Donnerstag online first in der ARD Mediathek und vom 24. Februar bis zum 24. März donnerstags um 23.15 Uhr, BR Fernsehen

Zwar lockert sich das ohnehin zwanglose Gespräch im Laufe der Sendung immer weiter auf. Aber die Gäste wollen irgendwie nicht ganz auf eine Wellenlänge kommen. Besonders zwiespältig ist der Moment, in dem Polak die junge Journalistin auf ihr Aufwachsen anspricht. „Du redest so ein bisschen asi NRW-Köln-Kalk. Das ist so richtig in dir drin“, sagt er unverblümt, als die Runde über den Zettel spricht, auf dem „du Hund“ steht.

Als Zuschauerin steht man hier vor einem Dilemma, denn mit diesem lockeren Vorstoß kitzelt er durchaus eine gewinnbringende Antwort aus M’Barek heraus. Sie erzählt von verschiedenen Elementen ihrer Identität, von ihrer Herkunft „von unten“ und ihrem Schaffen als Journalistin. Trotzdem: die Art, wie Polak sie in diese Situation gebracht hat, ist sehr zweifelhaft.

Das bunte Durcheinander von Oliver Polaks „Gedankenpalast“ mag zum Konzept dazu gehören und funktioniert auch durchaus. Nur muss an der ein oder anderen Stelle eindeutig noch nachjustiert werden. Der Pfau muss weg! Der Dialog soll bitte etwas mehr Flow zulassen. Und gewagte Vorstöße sind gern gesehen, jedoch mit ein bisschen mehr Feingefühl.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!