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Neue Regierung Babiš in TschechienAutofan wird Umweltminister

Petr Macinka von der Motoristenpartei wird Außen- und auch kommissarischer Umweltminister. Immerhin: Aus Nato und EU will er nicht austreten.

Königsmacher für die Regierung Babiš und neuer tschechischer Außenminister: Petr Macinka Foto: David W Cerny/reuters
Florian Bayer

Aus Wien

Florian Bayer

Bei der Zeremonie zur Vereidigung der neuen tschechischen Regierung fehlte nur einer am Montag auf der Prager Burg: Filip Turek, ursprünglich von seiner Motoristenpartei als Außenminister vorgesehen, lag im Krankenhaus. An seine Stelle tritt Petr Macinka, ein politischer Quereinsteiger. Der 47-Jährige, geboren in der südmährischen Kleinstadt Břeclav, stieg damit vom Chef einer Protestpartei zum obersten Diplomaten auf.

Seine Karriere begann Macinka 2008 in der Presseabteilung des damaligen tschechischen Präsidenten Václav Klaus. Ab 2017 leitete Macinka das Václav-Klaus-Institut, eine konservative Denkfabrik in Prag. 2022 schließlich gründete er die Motoristenpartei als Interessenvertretung frustrierter Bürger:innen, die sich von Brüssel gegängelt fühlen: Die Motoristen sind gegen Klimaschutzauflagen, gegen Tempolimits, gegen das, was sie als grüne Bevormundung empfinden. Mit diesem Programm erreichten sie bei der Parlamentswahl knapp sieben Prozent und sicherten sich neben Andrej Babiš' populistischer ANO-Bewegung und der rechtsextremen SPD einen Platz am Kabinettstisch.

Zwar konnten man sich rasch auf eine Zusammenarbeit einigen. Bei den Personalien aber wurde es kompliziert. Turek galt vielen wegen seiner NS-verherrlichenden Postings und rassistischen Postings als untragbar. Präsident Petr Pavel, ein liberaler Kopf mit militärischem Hintergrund, äußerte wiederholt Bedenken und wollte ihn keinesfalls im Außenministerium sehen. Daraufhin sollte Turek ins Umweltministerium wechseln, Macinka an seiner statt ins Außenamt. Pavel blieb skeptisch. Ein geplantes Klärungsgespräch mit Turek platzte wegen dessen Operation. Nun steht Macinka vorerst allein da, als Außenminister und kommissarischer Umweltminister zugleich.

Und er hat alles erreicht, was er sich wünschen konnte. Macinka war maßgeblich am guten Verhandlungsergebnis für die Motoristen beteiligt – wohlwissend, dass Babiš sie für seine Regierung als Königsmacher braucht. Trotz der geringen Parteigröße konnte sie sich gleich vier Ministerien sichern: neben Außen und Umwelt auch Kultur sowie Sport/Gesundheit. Macinka hielt auch heftigem Gegendwind stand: 500 Wis­sen­schaft­le­r:in­nen und zahlreiche Bür­ge­r:in­nen protestierten, dass das Umweltministerium an eine Partei geht, die den Klimawandel herunterspielt. Doch es blieb bei Macinka.

Die deutsch-tschechischen Beziehungen intensivierten sich im Zuge des Ukrainekriegs. Nun muss Macinka diese Kontuinuität wahren, während seine Partei für EU-Skepsis steht.

Anders als die rechtsextreme SPD stellt Macinka Tschechiens Verbleib in EU und NATO nicht in Frage. Dennoch gilt die neue Koalition unter Babiš als EU-kritisch. Besonders brisant: die Haltung zur Ukraine. Während das vorherige Kabinett unter Petr Fiala Prag zu einer Drehscheibe für Munitionslieferungen an Kiew machte, hält sich Babiš mit klaren Bekenntnissen zurück.

Die deutsch-tschechischen Beziehungen intensivierten sich im Zuge des Ukrainekriegs. Nun muss Macinka diese Kontuinuität wahren, während seine Partei für EU-Skepsis steht. Offen ist, ob Macinka die Nähe zu Viktor Orbán und Robert Fico sucht – beide stehen für Illiberalismus und Russlandnähe. Zumindest letztere kann man weder Premier Babiš noch Macinka vorwerfen. Dennoch: Bei der Vereidigung mahnte Präsident Pavel die neue Regierung, auf internationaler Bühne konstruktiv zu bleiben. Es war eine Aufforderung, aber wohl zugleich auch eine Warnung an das rechtspopulistische Kabinett Babiš.

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