Neue Regeln fürs Recycling: Eine Tonne, viele Modelle
Spielzeug, Handys, Töpfe – was soll in die neue Wertstofftonne? Etliche Kommunen haben probiert, was der Bundesumweltminister künftig für alle einführen will.
BERLIN taz | Das ab Montag wieder schlechte Wetter können interessierte BürgerInnen nutzen, sich an der Diskussion über eine neue Mülltonne zu beteiligen. Unter der Adresse www.bmu.de/dialog-wertstofftonne können sie dem Bundesumweltministerium bis Ende August ihre Erfahrungen, Erwartungen oder Befürchtungen an eine Wertstofftonne mitteilen, für die Minister Peter Altmaier (CDU) noch im nächsten Dreivierteljahr ein Gesetz verabschieden möchte.
Das ist recht ambitioniert; für die Neufassung des Abfallgesetzes brauchten er und seine zwei Vorgänger vier Jahre. Allerdings kann das Ministerium auf die Vorarbeit der Kommunen zurückgreifen.
35 Städte oder Kreise hat das Beratungsunternehmen Cyclos ermittelt, in denen Verpackungen aus Kunststoff oder Metall gemeinsam mit Spielzeug, Töpfen oder auch mit Holz oder Elektrokleingeräten gesammelt werden.
Die erste Wertstofftonne gab es 2004 in Leipzig, über den Projektstatus ist man hier hinaus. Rund 7,4 Kilogramm an Kunststoffen und Metallen zusätzlich sammelt das beauftragte Unternehmen, der Berliner Entsorger Alba, jährlich pro Einwohner ein. In etwa so viel erwartet auch das Umweltministerium von der gemeinsamen Erfassung.
Batterien könnten auslaufen, Schwermetalle austreten
Dabei entfallen 800 Gramm auf Radios, Föhne oder Handys. In der bundesweiten Wertstofftonne sollen sie bislang nicht landen, weil unter anderem das Umweltbundesamt ökologische und gesundheitliche Probleme befürchtet. Die Geräte enthalten giftige Bestandteile, Batterien könnten auslaufen, Schwermetalle austreten. Von Alba heißt es, die Sortierung und Verwertung der Geräte verlaufe problemlos.
In Bochum hat sich der kommunale Umweltservice Bochum (USB) für die reine Lehre entschieden und sammelt neben Verpackungen nur sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen – also Kunststoffe und Aluminium. Von den Bürgern werde die Tonne gut angenommen, sagt USB-Geschäftsführer Werner Meys.
Weil das System einfacher sei, lande weniger Abfall – etwa Babywindeln – in der Tonne, der nicht hineingehöre. Zu den bislang rund 30 Kilogramm Verpackungsmüll, die jeder Bochumer bis zur Einführung der Wertstofftonne weggeworfen hat, sind laut Meys ebenfalls 7 Kilogramm hinzugekommen.
Der Abfallwirtschaftsweckverband Ostthüringen (AWV) mit Sitz in Gera sammelt die gleichen Wertstoffe, hat aber andere Erfahrungen gemacht. „Im Grunde hat sich in der Tonne selbst nicht viel verändert“, sagt Elisabeth Großmann, die Leiterin der Abfallwirtschaft der AWV. „Schließlich haben die Leute auch vorher nicht nur Verpackungen, sondern auch andere Kunststoffe in die gelbe Tonne geworfen.“ Man habe also eher einen bestehenden Zustand legitimiert.
Noch zahlen die Recycler drauf
Etwa einen Euro pro Bürger und Jahr zahlt die AWV für die gemeinsame Sammlung aus ihrem Gebührentopf. „Solange der Markt für recycelte Kunststoffe so schlecht ist, zahlen wir drauf“, sagt Großmann. Aber der werde sich irgendwann erholen.
Ob die zusätzlich eingesammelten „Sekundärrohstoffe“ tatsächlich zu neuen Kunststoffprodukten verarbeitet werden, ist dabei unklar. Die Dualen Systeme halten sich bedeckt, es ist aber ein offenes Geheimnis, dass immer mehr Kunststoffabfall verbrannt wird. Wegen Überkapazitäten in der Müllverbrennung ist das derzeit verlockend günstig.
Bislang sind drei Parteien daran beteiligt, eine Wertstofftonne aufzustellen und ihren Inhalt abzuholen, zu sortieren und zu verwerten: Die Kommunen, die mit der Verpackungsentsorgung betrauten Dienstleister, die Dualen Systeme, und Entsorgungsunternehmen wie Alba.
Alle drei kümmern sich intensiv darum, ihre Position in dem neuen Gesetz zu verbessern. Während der Verband der mittelständischen Entsorger vor Monopolstrukturen warnt, wenn es nicht mehr Wettbewerb gibt, versuchen die Kommunen, den Zugriff auf die gesamten Haushaltsabfälle zu bekommen – unter heftiger Gegenwehr der privaten Industrie.
Es wird interessant zu beobachten, wie dem Ministerium der Interessenausgleich gelingt. Im Kreislaufwirtschaftsgesetz ist der jahrelange Kampf um die Abfallströme (und das damit verbundenen Milliardengeschäft) pro Kommunen ausgegangen.
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