Neue Präsidentin über Jacobs University: „Profil schärfen heißt weglassen“
Die Logistik-Forscherin Katja Windt will als Präsidentin die Bremer Privat-Uni mit drastischem Personalabbau ohne Qualitätseinbußen sanieren.
taz: Frau Windt, was hat Sie verlockt, Präsidentin der Jacobs University (JUB) zu werden?
Katja Windt: Ich war im Rahmen meiner wissenschaftlichen Arbeit sowohl in der Grundlagenforschung tätig als auch anwenderorientiert – als Beraterin von Firmen. Ich kenne beide Perspektiven und kann diese hier gut anwenden. Denn die Jacobs University ist ein Unternehmen und eine Universität zugleich.
Nur muss die Leitung jetzt vor allem sparen?
Das tun wir.
Sie haben angekündigt, Stellen zu kürzen: Sind die Voraussetzungen dafür gut, weil es nicht die gleichen Mitbestimmungsgremien gibt wie an öffentlichen Unis und der Betriebsrat nicht funktioniert?
Wir haben einen Betriebsrat.
44, Professorin für Global Production Logistics, ist neue Geschäftsführerin und Präsidentin der Jacobs University of Bremen (JUB). Sie ist, seit 2011, erste Frau im Aufsichtsrat der Deutschen Post AG und seit 2012 auch des Frankfurter Flughafens (Fraport).
Ist bekannt.
Ich weiß nicht, nach welchen Kriterien Sie die Arbeit eines Betriebsrates beurteilen. Wir arbeiten gut zusammen. Zudem nehmen seitens der Faculty die Faculty-speaker ihre Rolle wahr: Wir versuchen gemeinsam mit den Mitarbeitern aus der Administration, dem wissenschaftlichen Personal und den Studenten den Change-Prozess zu bewerkstelligen.
Also wie bei öffentlichen Hochschulen?
Wir sind als gGmbh sicher in einer anderen Situation – auch dadurch, dass wir bis 2017 eine klare Marschroute von unserem Aufsichtsrat, in dem auch das Land Bremen vertreten ist, vorgegeben bekommen haben. Die müssen wir durch Personalreduktion, Kostenreduktion und Einnahmeerhöhung umsetzen.
Lässt sich die Personalreduktion in Stellen beziffern?
Wir haben 23 Prozent Kostenreduktion vorgesehen im Personalbereich, 13 Prozent im Sachkosten-Bereich.
Sie schließen Studiengänge?
Wir werden Studiengänge schließen. Welche, steht noch nicht fest. Wir werden eine forschungsorientierte Universität bleiben, die sich fokussiert. Fokussieren heißt: Profil schärfen. Das bedeutet auch weglassen. Darunter leidet die Qualität nicht.
Wenn sich der Betreuungsschlüssel verschlechtert, ist das keine qualitative Einbuße?
Wir wollen ganz klar auch zum Beispiel Executive-Programme erweitern und sowohl Pre-academic als auch Visiting-Programme pflegen.
Das heißt…?
Zum Beispiel Gaststudenten. Wir haben auch gerade aktuell vom Lafayette-College hier auf dem Campus Leute, die ein Semester bleiben: Das sind also Studierende, die im Rahmen eines Visiting-Programms befristet hierher kommen, um zu studieren.
Das spart 23 Prozent Personalkosten ohne Verschlechterung des Betreuungsschlüssels?!
Nein. Er wird sich verschlechtern, aber nicht so, dass die Qualität leidet. Wir sind da weit von einer Schmerzgrenze entfernt.
Von einem Zehn-zu-eins-Betreuungsverhältnis ist es weit zu überfüllten Seminaren…
Die wird es auch in Zukunft hier nicht geben. Ich bin auch überzeugt, dass wir weiterhin Studierende herholen, die es sich eigentlich nicht leisten können, bei uns zu sein, indem wir ihnen Zugang zu Finanzierungsmodellen verschaffen.
Ließe sich das nicht effizienter durch Austauschprogramme staatlicher Unis hinkriegen?
Bei uns schaffen 87 Prozent derer, die hier anfangen zu studieren, den Abschluss in der Regelstudienzeit. Auch bei den ausländischen Studierenden ist das so. Ein Studienplatz an einer staatlichen Universität kostet auch Geld.
Das wäre aber auch ein echt makabrer Witz, wenn nach Ihrer Vorauswahl die Elite-Studierenden auch noch deutlich länger bräuchten…
Ich will mich gar nicht vergleichen mit der staatlichen Universität. Worum es mir geht: Ich will deutlich machen, dass wir hier einen Beitrag leisten zur Wissenschaftslandschaft in Bremen – und darüber hinaus. Wir können hier Dinge ausprobieren, weil wir initiativer und schneller sind als andere, weil wir andere Erfahrungen machen können.
Bleibt aber nicht das Hauptproblem die schmerzhafte Erfahrung, dass die private University so abhängig vom Staat ist?
In unserem Haushalt stammen sechs Prozent der Mittel aus öffentlicher Hand. Da ist, glaube ich, nicht unbedingt von einer Abhängigkeit zu sprechen.
Dann hätte Bremen vergangenen Sommer den 50 Millionen Euro-Kredit zurückfordern können? Und die Gebäude sind Ihnen so zugewachsen?
Natürlich haben wir hier eine Anschub-Finanzierung bekommen, dafür sind wir dankbar. Und natürlich gibt es diesen Kredit. Den tilgen wir, einschließlich der Zinsen. Aber: Wenn man alle Mittel zusammenrechnet, die wir von Bremen bekommen haben, so hat die Jacobs University doch bis heute beinahe das Dreifache in die Stadt hereingeholt – durch Research-Grants, durch die Gelder der Jacobs Foundation und Fund-Raising.
Der Rechtfertigungsdruck entsteht ja, weil vermutlich im öffentlichen System mit dem gleichen Aufwand mehr Studien- und mehr Arbeitsplätze zu schaffen gewesen wären.
Das bezweifle ich. Wir haben doch als private gGmbH viel stärker die Möglichkeit ins Fundraising-Thema einzusteigen.
…sehr zum Leidwesen der Uni Bremen, mit der Sie im selben Teich fischen: Ist die Zahl der Wissenschaftssponsoren im kleinen Bremen nicht zu niedrig für zwei Volluniversitäten?
Ich sehe uns da überhaupt nicht in Konkurrenz. Wir haben ja auch gemeinsame Projekte. Zudem akquirieren wir als internationale Einrichtung weltweit.
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