Neue Lokalisierungsfunktion für Browser: Firefox weiß bald, wo Du bist
Mit einer Lokalisierungsfunktion kann Firefox künftig feststellen, wo sich der Nutzer befindet und ihm passende Angebote und Nachrichten einblenden. Datenschützer sind wenig begeistert.
Ortsbasierte Dienste sind derzeit wieder einmal in aller Munde: Wenn mobile Geräte wissen, wo der Nutzer sich aufhält, so die Grundannahme dabei, lassen sich zur aktuellen Lokalität angepasste Informationen anzeigen und mit Werbung für Läden oder Restaurants um die Ecke ordentliche Umsätze generieren. Apples aktuelles iPhone mit eingebautem GPS-Satellitennavigationschip gehört zu den ersten Handys, die diese seit Jahren diskutierte Idee tatsächlich adäquat nutzbar umsetzen - Bildschirm und Rechenleistung sind endlich groß genug dafür.
Wer hingegen eher selten weiß, wo sich der Benutzer gerade auffällt, ist die Software, mit der wir an Laptop oder Schreibtischrechner zumeist ins Netz gehen: Der Browser. Zwar können Web-Angebot anhand der Internet-Adresse des Benutzers (IP-Nummer) inzwischen recht konkret einkreisen, aus welchem Land und sogar aus welcher Stadt er kommt. Eine Genauigkeit auf wenige Meter wie bei GPS ergibt sich daraus aber nicht. Das Mozilla-Projekt, das hinter dem populären Web-Programm Firefox steckt, will das nun ändern. Es hat eine Zusatzsoftware namens "Geode" geschaffen, die aus verschiedenen Kriterien Positionsdaten ermitteln kann. Die Genauigkeit liegt dabei in Innenstadtlagen im Bereich von einigen Hundert Metern bis hinunter auf 10 bis 20 Meter. Auch hier wird die Nutzung dem Grundkonzept ortsbasierter Dienste entsprechen: Erlaubt der User die Weitergabe seiner Daten, soll er sich über für seinen aktuellen Ort aufbereitete Inhalte freuen dürfen. Zielgruppe sind dabei beispielsweise Reisende mit Laptops, die dann im Hotel etwa aktuelle Stadtinformationen vorgesetzt bekämen.
Technisch arbeitet Geode dabei ohne zusätzliche Hardware. Stattdessen nutzt ein Softwaremodul den in fast allen Laptops verbauten WLAN-Chip für mobiles Internet, um die aktuell verfügbaren Netze abzuscannen. Da die Dichte entsprechender Basisstationen inzwischen erstaunlich hoch ist - wer durch mittlere wie große Städte fährt, stößt in vielen Straßen auf Dutzende der kleinen Netzversorger -, erfolgt die Peilung ziemlich genau. Die Technologie namens "Skyhook" befindet sich auch im alten iPhone, das sie als Ersatz für einen "echten" Satellitennavigationschip verwendet.
Mike Shaver, Technik-Vizepräsident bei Mozilla, glaubt nicht nur an Anwendungen wie die berühmten Restaurant- oder Shoppingtipps passend zum aktuellen Ort. "Die Lokalisierung ist eine zusätzliche Schicht, um den Menschen zu helfen, die Informationen zu bekommen, die sie brauchen." Geode ist derzeit als Vorabversion im Mozilla-Experimentierlabor erhältlich, könnte mit der nächsten großen Aktualisierung von Firefox, der kommenden Variante 3.1, aber direkt in den Browser wandern. Damit wäre die Technik für alle Nutzer verfügbar. Technologielieferant Skyhook bietet bereits jetzt ein Plug-in für Firefox namens "Loki" an, das ortsbasierte Informationen in den Browser holt. Die Technik erwies sich im Test in Innenstadtlagen als erstaunlich genau.
Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig Holstein, hat allerdings Bauchschmerzen, dass Nutzer zu blauäugig an solche Dienste herangehen, da gleichzeitig ein Erstellen vollständiger Bewegungsprofile möglich sei. "Man kann ortsbasierte Services datenschutzkonform betreiben. Dazu ist notwendig, dass sämtliche Beteiligte informiert werden." Außerdem seien dabei laut deutschem Recht die Nutzerangaben stets zu anonymisieren. Das Problem: Daran hielten sich viele amerikanischen Anbieter oft nicht, kombinierten Ortsangaben mit Profildaten, sagte Weichert zum Start eines von Yahoo implementierten ortsbasierten Dienstes im August.
Wie Mozilla den Datenschatz verwalten wird und was wo an Ortsdaten gespeichert werden darf, ist noch nicht gänzlich geklärt - allerdings soll der Nutzer die Geode-Funktion stets an und aus schalten dürfen. Mitchell Baker, eine der wichtigsten Personen in der gemeinnützigen Mozilla-Organisation, hatte sich in der Vergangenheit positiv über das Sammeln großer Datenmengen geäußert, weil diese helfen würden, Produkte wie Firefox zu verbessern. "Es gibt ein Bedürfnis danach, grundlegende gesammelte Daten der Internet-Nutzung verfügbar zu machen." Dies sei aber nur akzeptabel, so lange sie zuvor anonymisiert worden seien.
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