Neue Lebensmittel-Etiketten: Rot macht dick, Gelb macht Karies

Joghurt hat mehr Kalorien als Cola? Damit Verbraucher versteckte Fette und Zucker erkennen, will Verbraucherminister Seehofer Etiketten einführen.

Dass die dick machen sieht jeder. Bei anderen Lebensmitteln ist das schwieriger. Bild: dpa

Ran an den Speck: Die Deutschen sollen Dickmacher künftig schneller erkennen können. Bundesminister für Verbraucherschutz Horst Seehofer (CSU) will dazu Lebensmittel neu kennzeichnen lassen. Auf der Verpackung sollen Fett, Zucker, Kalorien, gesättigte Fettsäuren und Salz angegeben werden. Diesen Plan hat er am Dienstag auf der Ernährungsmesse Anuga in Köln vorgestellt.

"100 Gramm Erdbeer-Milchjoghurt Biene Maja von Bauer haben 16,4 Gramm Kohlenhydrate, also Zucker", sagt Matthias Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Er erklärt: "Umgerechnet sind das 44 Stück Würfelzucker pro Liter." Ein Liter Cola enthalte 28 Stück. Und Cini Minis Vollkorn von Nestlé bestünden zu einem Drittel aus Zucker und einem Zehntel aus Fett.

Nur wenigen ist klar, was im Essen steckt. Ernährungsmediziner fordern deshalb seit langem Etiketten, die Deutsche auf Essen hinweisen, das weniger dick macht. Derzeit sind knapp zwei Drittel der Männer und etwas mehr als die Hälfte der Frauen übergewichtig, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Seehofers Idee: Auf der Packung sollen spätestens ab 2010 die Nährstoffe pro Portion angegeben werden und ihr Anteil am Tagesbedarf. Als Tagesbedarf sollen 2.000 Kilokalorien gelten.

Verbraucherschützer warnen allerdings, dass die vielen Zahlen verwirren, statt zu helfen. "Auf vielen Schachteln finden sich schon heute ähnliche Tabellen" - und kaum einer verstehe sie, sagt Wolfschmidt. Abgesehen davon seien 2.000 Kilokalorien für Kinder zu viel. Seehofer versage als Verbraucherschützer. Er komme der Industrie entgegen.

Die Kennzeichnung soll auch keine Pflicht werden. Seehofer will die Lebensmittelwirtschaft nur "ermutigen", die Angaben "als Marketinginstrument" zu nutzen. Der Spitzenverband der Lebensmittelindustrie hält das für logisch: Theo Spettmann, Präsident des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, sagt, dass "nicht auf allen Produkten solche Angaben Sinn machen, nicht jede Verpackung sie tragen und nicht jeder Hersteller sie ermöglichen kann." Spettmann ist Vorstand der Südzucker AG. Seehofer präsentierte seine Pläne am Dienstag mit ihm zusammen.

Verbraucherschützer Wolfschmidt ist überzeugt, dass es anders geht - "Das wissen wir aus Großbritannien." Dort gibt es Ampel-Logos. Auf den Produkten kleben farbige Kreise, einer für Fett, einer für Zucker, einer für Kalorien und einer für Salz: Rot warnt vor Dickmachern, Gelb heißt in Maßen genießen, und Grün steht für gesund. Supermarktketten wie Sainsbury haben manches rot gepunktete Produkt bereits aus dem Regal genommen. Das käme auch hierzulande, ist sich Wolfschmidt sicher. Darum hätten sich die Nahrungsmittelkonzerne gegen den farbigen Aufdruck verwehrt.

"Die Ampel vereinfacht zu sehr", argumentiert indes Achim Drewes von Nestlé. Lebensmittel ließen sich nicht so leicht in gut und schlecht einteilen. Sein Beispiel: "Olivenöl, das von jeher als gesund gilt, bekäme plötzlich einen roten Punkt." Verbraucherschützer Wolfschmidt hält dagegen: "Es geht um eine klare Ernährungshilfe. Olivenöl besteht nun mal zu hundert Prozent aus Fett." Wie Butter habe es ein Rot verdient. Wolfschmidt: "Man sollte es mit Bedacht verzehren."

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