Neue Gesetze für Glücksspielbetriebe: Game Over
Die Länder wollen die Regeln für private Spielhallen verschärfen. Doch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle glaubt unbeirrt an freiwillige Selbstverpflichtung.
KIEL taz | Sie heißen "Dragons Treasure" oder "Fruitinator" - Spielautomaten, deren blinkende Lichter schnelle Gewinne versprechen. Je nachdem, ob die Geräte in staatlichen Spielbanken, Kneipen oder privaten "Spielotheken" stehen, gelten verschiedene Gesetze. Die Bundesländer beraten nun, ob sie im neuen Glücksspielstaatsvertrag strengere Auflagen für Automaten in den rund 10.000 privaten Spielhallen einführen.
So könnte verboten werden, unter einem Dach mehrere Glücksspielformen - Automaten, Karten, Roulette - anzubieten. Auch Mehrfachkonzessionen sollen verfallen: Bisher dürfen Spielhallen höchstens zwölf Automaten aufstellen. Diese Regelung wurde häufig umgangen, indem die Betreiber mehrere Konzessionen an einem Standort bündelten. Damit soll künftig Schluss sein. Sperrzeiten sollen zudem verhindern, dass rund um die Uhr gespielt werden kann. Auch geringere Höchstverluste und -gewinne stehen im Entwurf zum Glücksspielstaatsvertrag.
Das alles könnte die Spielgeräte unattraktiver machen. Spielhallenbetreiber, allen voran Marktführer Paul Gauselmann von "Merkur", schlagen Alarm. Sie sprechen von "Kahlschlag" und "Arbeitsplatzverlusten".
"Aus unserer Sicht sind die Regeln zu begrüßen", sagte hingegen Armin Koeppe von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Ob die Länder zum Schutz der Spieler oder auch aus Eigeninteresse handeln, kann er nicht sagen: "Das ist ein Milliardenmarkt, an dem viele Interesse haben." Die Gewinne der staatlichen Spielbanken sanken in den vergangenen Jahren. Werden die Privaten gesetzlich gestutzt, könnten Spieler in die Staats-"Casinos" zurückkehren. "Dass es eine Verschärfung geben wird, halte ich für wahrscheinlich. Aber es gibt immer Stellschrauben, an denen die Branche zu ihren Gunsten drehen kann", gibt Koeppe jedoch zu bedenken.
In die Debatte der Länder hat sich auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) eingeschaltet. Er setzt auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Branche. So sollten "Entschädigungsansprüche und nachteilige Auswirkungen auf deutsche Hersteller" verhindert werden, heißt es in einem Schreiben des Staatssekretärs Bernhard Heitzer.
Auffällig sei, dass von Entwurf zu Entwurf weniger vom Spielerschutz die Rede sei, sagte Koeppe. So sollten anfangs in einem Fachbeirat Experten für Suchtbekämpfung versammelt sein, zuletzt war nur von Spiel-Fachleuten die Rede - das könnten auch Betreiber sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen