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Neue Fronten im Tschad

■ Habre prangert in Lome libysche Greueltaten an / Klage gegen Ghaddafi beim Weltsicherheitsrat eingereicht / Frankreich will keine Soldaten schicken

Lome (afp/ap/dpa) - Ganz im Zeichen der bewaffneten Auseinandersetzungen im Norden des Tschad stand der am Samstag in der togolesischen Hauptstadt Lome zu Ende gegangene französisch–afrikanische Gipfel. Der Präsident des Zentralafrikanischen Landes, Hissene Habre, erklärte auf einer Pressekonferenz, die Libyer begingen derzeit im Norden seines Landes einen „regelrechten Völkermord“; der Vertreter des Tschad bei der UNO beantragte am Freitag in gleicher Sache eine Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates für Montag und der französische Präsident Mitterand verkündete, im Tschad habe sich eine entscheidende Wende vollzogen: es handele sich dort jetzt nicht mehr um einen Bürgerkrieg zwischen den verfeindeten Fraktionen des Nordens und Südens sondern um einen Krieg mit Libyen, in dem Frankreich die Regierung des Tschad logistisch unterstützen werde. Die Fronten in dem seit Jahren vor sich hin schwelenden Tschad– Konflikt waren in der vergangenen Woche in Bewegung geraten, als der Widersacher des Präsidenten Habres, Goukuni Weddei, mit seinen libyschen Unterstützern gebrochen und sich mit der Zentralregierung auf eine Beendigung der Kampfhandlungen geeinigt hatte. Nach Angaben des Pariser Büros von Weddeis Übergangsre gierung GUNT soll es daraufhin in Weddeis Wohnung in Tripolis zu einer Schießerei zwischen Leibwächtern des Rebellenführers und Libyschen Soldaten gekommen sein. Weddei wurde verletzt und wird dem Vernehmen nach seither von den Libyern gefangengehalten. Die GUNT hat sich offenbar infolge der Einigung zwischen Weddei und Habre gespalten. Über die Gefechte im Norden liegen widersprüchliche Meldungen vor. Von Libyen unterstützte Oppositionsgruppen mit schätzungsweise noch 5.000 Gefolgsleuten werfen der Regierung in N Djamena vor, ihre Truppen seien letzte Woche in den seit langem von Libyen besetzten Norden vorgedrungen. Der staatliche Rundfunk meldete dagegen, libyische Truppen und Flugzeuge griffen seit Mittwoch Stellungen von Weddeis rund 3.000 Gefolgsleuten an. Der Widerstand der Zivilbevölkerung sei durch systematische Massaker gerächt worden. Der tschadische UNO–Botschafter warf Tripolis ferner vor, im Norden den Gebrauch der arabischen an Stelle der französischen Sprache vorzuschreiben, die libysche Währung einzuführen und das Grüne Buch Ghaddafis zur Pflichtlektüre erklärt zu haben. Trotz dieser dramatischen Darstellung gab die französische Regierung dem Wunsch Habres, die Spaltung der Opposition zu einer gemeinsamen Offensive zur Rückeroberung des Nordens zu nutzen, nicht nach. Mitterand sagte jedoch logistische Hilfe und Waffenlieferungen zu.

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