Neue Energiequellen: Briten scharf auf Wind und Wellen
Großbritannien entdeckt die erneuerbaren Energien. Dabei setzt das Land auf gigantische Projekte: Neben Wind- und Wellenkraftwerken soll es auch ein Gezeitenkraftwerk geben.
FREIBURG taz Großbritannien verkündet Großes zum Thema erneuerbare Energien. Nach Plänen des britischen Wirtschaftsministers John Hutton sollen in den nächsten 13 Jahren in britischen Gewässern bis zu 25.000 Megawatt Leistung in Windkraftanlagen auf dem Meer installiert werden - ausreichend, um alle Privathaushalte des Landes zu versorgen.
Seit Mai hat die Regierung bereits 24 Genehmigungen für Windparks erteilt, darunter auch jene für das Projekt London Array, das im Endausbau mit bis zu 1.000 Megawatt zu den größten Meereswindparks der Welt zählen soll. Hutton sagte, es habe 14 Jahre gedauert, bis die Windkraftanlagen in Großbritannien eine Gesamtleistung von 1.000 Megawatt erreicht hätten, doch nur 20 Monate, bis die nächsten 1.000 Megawatt folgten.
Der geplante weitere Ausbau sei zwar "eine erhebliche Herausforderung", betonte Hutton. Doch Großbritannien gehöre zu den Ländern mit den besten Voraussetzungen zur Erzeugung von Windstrom auf hoher See. Zudem stehe das Land unter Druck, neue Energiequellen zu erschließen: "Unsere traditionellen Energiequellen in der Nordsee nehmen ab", sagt er mit Blick auf die schwindenden Ölreserven. Großbritannien sei bereits von einem Netto-Exporteur zu einem Energie-Importeur geworden. Die Frage nach der künftigen Energieversorgung sei daher "von größerer Bedeutung als je zuvor in unserer Geschichte".
Bislang ist Großbritannien bei den erneuerbaren Energien noch ziemlich rückständig. Der oft genannte Anteil von fast 5 Prozent am Strommix reduziert sich auf weniger als 2 Prozent, wenn man den Energieträger Müll herausrechnet.
Im Jahr 2015 will das Land 15 Prozent seines Stroms ökologisch produzieren - und setzt dabei auf unterschiedliche Projekte. Beschlossen ist der Bau des nach Regierungsangaben größten Biomassekraftwerks der Welt mit 350 Megawatt Leistung. Es soll in der südwalisischen Küstenstadt Port Talbot entstehen und aus nordamerikanischem Holz Strom für die Hälfte der Haushalte in Wales gewinnen.
Aber auch auf dem Meer und an den Küsten soll es nicht allein bei der Windkraft bleiben. Auf der Hebrideninsel Lewis soll ein Wellenkraftwerk gebaut werden, ein weiteres vor den Orkney-Inseln. Und um das nordirische Strangford Lough soll bereits 2008 ein Strömungskraftwerk entstehen.
Das gigantischste Projekt jedoch wird im Bristol-Channel geprüft: Ein Gezeitenkraftwerk soll dort 17 Milliarden Kilowattstunden Strom jährlich erzeugen und damit 5 Prozent des britischen Strombedarfs decken. Dazu soll ein 16 Kilometer langer Damm in der Severn-Flussmündung errichtet werden. Der Tidenhub, also die Schwankung des Wasserspiegels im Zyklus der Gezeiten, liegt hier bei beachtlichen 13 Metern.
Doch Umweltverbände warnen: Das 20 Milliarden Euro teure Großbauwerk in einer ökologisch wertvollen Küstenregion würde Fauna und Flora massiv beeinträchtigen. Organisationen wie der WWF und der Britische Vogelschutzbund argumentieren, dass es erheblich umweltschonendere Möglichkeiten der Gezeitennutzung gebe, etwa mittels künstlicher Lagunen.
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