Neue DAK-Studie: „Hirndoper“ am Arbeitsplatz
Doping im Job nimmt zu. Zu diesem Ergebnis kommt einen neue DAK-Studie. Drei Millionen Beschäftigte schlucken demnach leistungssteigernde Pillen.
LEIPZIG afp | Doping im Job nimmt zu: Knapp drei Millionen Menschen in Deutschland schlucken verschreibungspflichtige Pillen, um am Arbeitsplatz leistungsfähiger zu sein und Stress sowie Ängste abzubauen.
Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag in Berlin veröffentlichte Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit. Binnen sechs Jahren stieg der Anteil der Beschäftigten, die „Hirndoping“ betreiben, damit von 4,7 auf 6,7 Prozent. Die Dunkelziffer sei aber noch viel höher.
Auslöser für den Griff zur Pille sind meist hoher Leistungsdruck sowie Stress und Überlastung. Vier von zehn Dopern gaben demnach an, bei konkreten Anlässen wie Präsentationen oder wichtigen Verhandlungen Medikamente zu schlucken.
Männer versuchen laut Studie damit vor allem, noch leistungsfähiger beim Erreichen ihrer beruflichen Ziele zu werden. Zudem wollen sie auch nach der Arbeit noch Energie für Freizeit und Privates haben. Frauen nehmen hingegen solche Medikamente am ehesten, damit ihnen die Arbeit leichter von der Hand geht und sie emotional stabil genug sind.
Kein Massenphänomen, aber ein Alarmsignal
Am häufigsten greifen Beschäftigten demnach zu Medikamenten gegen Angst, Nervosität und Unruhe (60,6 Prozent) sowie zu Mitteln gegen Depressionen (34 Prozent). Etwa jeder achte Doper schluckt Tabletten gegen starke Tagesmüdigkeit. Mehr als jeder Zweite bekommt laut DAK-Report für die entsprechenden Medikamente ein Rezept vom Arzt. Jeder Siebte erhält Tabletten von Freunden, Bekannten oder Familienangehörigen, und jeder Zwölfte bestellt sie ohne Rezept im Internet.
„Auch wenn Doping im Job in Deutschland noch kein Massenphänomen ist, sind diese Ergebnisse ein Alarmsignal“, warnte DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher. Suchtgefahren und Nebenwirkungen des Hirndopings seien nicht zu unterschätzen.
Nach Angaben des Doping-Experten Klaus Lieb zeigen die Medikamente oft nur kurzfristige und minimale Effekte auf die kognitive Leistungsfähigkeit. Auf der anderen Seite gebe es „hohe gesundheitliche Risiken, wie körperliche Nebenwirkungen bis hin zur Persönlichkeitsveränderung und Abhängigkeit“, erklärte der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Mainz. Es könne zu Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Nervosität und Schlafstörungen kommen, mögliche Langzeitfolgen seien noch völlig unklar.
Für die Studie wurden Arzneimitteldaten von 2,6 Millionen erwerbstätigen DAK-Versicherten analysiert. Zusätzlich wurden mehr als 5.000 Berufstätige im Alter von 20 bis 50 Jahren befragt.
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