: Neubaumieten wuchern frei nach oben
Neubaumieten sollen keiner Mietpreisbindung unterliegen und völlig frei vereinbart werden / Das geht aus einem bislang unveröffentlichten Papier des Bauministeriums hervor / Auch modernisierte Altbauten fallen unter diese Regelung / Allein in Berlin 30.000 Wohnungen betroffen ■ Von Eva Schweitzer
Berlin (taz) - Wer künftig in einen Neubau zieht, wird mit schwindelerregenden Mieten rechnen müssen. Nach Informationen der taz sollen die Mieten der Wohnungen, die ohne staatliche Unterstützung gebaut werden, völlig frei vereinbar sein. Dies gilt auch für die Mieten von leerstehenden Gebäuden, die wiederhergestellt werden. Das betrifft allein in Berlin über 30.000 Wohnungen. Diese Vorschrift soll schon mit der Währungsunion am 1.Juli in Kraft treten, um „frühzeitig Investitionen anzustoßen“. Das geht aus einer bislang nicht veröffentlichten Vorlage des Bauministeriums hervor an der auch westliche Berater gefeilt haben.
Darin sind noch weitere bittere Pillen enthalten, die die Mieter in der DDR schlechter stellen als es nach BRD-Recht zulässig wäre: So soll es dem Vermieter künftig befristet möglich sein, Instandsetzungskosten, die „einen bestimmten Betrag überschreiten“, auf die Miete umzulegen. In der BRD ist das nicht erlaubt. Die Kosten für Modernisierung sollen analog zum BRD-Recht auf die Miete umgelegt werden dürfen, dort sind das elf Prozent der Baukosten auf die Jahresmiete. Im BRD-Parlament wird derzeit diskutiert, diese Umlage zu senken.
Nach den Vorstellungen des Bauministeriums soll es zwar weiterhin preisgebundenen, öffentlich geförderten Neubau geben, die Anfangsmieten jedoch werden „deutlich über den bisher üblichen Mieten liegen“ und jährlich steigen.
Zum ersten Mal hörte man vom Ministerium präzise Zahlen zur Mieterhöhung. So soll die Miete ab 1.1.1991 von derzeit 90 Pfennig pro Quadratmeter auf 1,80 Mark angehoben werden, in einer zweiten Stufe gar auf 3,50 Mark pro Quadratmeter. Parallel dazu sollen die in Mieten enthaltenen Energiekosten von jetzt 65 Pfennig zum Jahreswechsel auf 1,30 Mark, in der zweiten Stufe auf 2,90 Mark pro Quadratmeter steigen. Wann diese zweite Stufe eintritt, ist offenbar noch nicht entschieden. Eine Zwei-Zimmer-Wohnung wird demnach etwa 400 Mark warm im Monat kosten. Zwar soll es Wohngeld geben, doch wie die Kommunen dies finanzieren sollen, ist bislang völlig unklar. Wohl deshalb wird es als „wünschenswert“ betrachtet, daß die Kommunen Wohnungen verkaufen. „Die Wohnraumlenkung wird abgeschafft“, heißt es in dem Papier weiter. Die Kommunen sollen die Belegungsrechte für ihre eigenen Wohnungen und die der Kommunalen Wohnungsunternehmen, die in Kapitalgesellschaften umgewandelt werden, behalten. Nachdem jedoch kürzlich in Bonn beschlossen wurde, daß die vormaligen Privatbesitzer ihre Häuser zurückbekommen, wird von dem kommunalen Bestand wenig übrig bleiben.
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