Neubau von Kohlekraftwerken: Gabriel rudert zurück
Der Umweltminister will strengere Auflagen für den Bau neuer Kohlekraftwerke nun doch erst in ferner Zukunft.
BERLIN taz | Der "Kohle-Frieden" währte nur kurz: Nachdem er sich mit seinem Antrag fürs SPD-Wahlprogramm gegen neue Kohlekraftwerke innerparteilich nicht durchsetzen konnte, rudert Umweltminister Sigmar Gabriel nun zurück - und nimmt den alten Streit mit den Umweltverbänden über diese Frage in alter Schärfe wieder auf.
In der vergangenen Woche hatte Gabriel unter anderem gefordert, dass neue Kohlekraftwerke nur noch genehmigt werden dürfen, wenn sie über die als CCS (Carbon Capture and Storage) bezeichnete Technik zur Abtrennung und Speicherung des klimaschädlichen Kohlendioxids verfügen. Gelten sollte das laut Antragstext explizit für "neue und noch nicht im Bau befindliche Kohlekraftwerke".
Nachdem die Antragskommission des SPD-Vorstands den Vorstoß am Wochenende abgelehnt hat, will Gabriel seine Forderung nun plötzlich anders verstanden wissen: Vorschreiben wolle er die CCS-Technik, die im Moment noch erprobt wird, lediglich für Kraftwerke, die "noch nicht geplant" sind, sagte Gabriel am Donnerstag. Das macht einen großen Unterschied: Derzeit planen die Energiekonzerne in Deutschland insgesamt 30 neue Kohlekraftwerke. Lediglich 9 davon sind bereits im Bau. Auch Gabriels Co-Antragsteller, SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber, hatte der taz bereits gesagt, die CCS-Pflicht solle erst gelten, wenn die Technik real verfügbar sei. Wann - und ob - das der Fall sein wird, ist unter Experten strittig.
Ob der Antrag beim Parteitag am 14. Juni erneut eingebracht wird, ließ Gabriel offen - und sagte lediglich: "Ich gehe davon aus, dass es beim Parteitag eine Debatte zum Thema Kohle geben wird." Entstanden war der Antrag nach einem Gespräch Gabriels mit mehreren Umweltverbänden. Der Umweltminister hatte gehofft, so Streit im Wahlkampf vermeiden zu können.
Daraus wird wohl nichts: Auf den Wunsch der Verbände, den Text eindeutiger zu formulieren, will Gabriel nicht reagieren. Ihn stört, dass die Forderungen in die Öffentlichkeit geraten waren. "Da machen weitere Verhandlungen nicht viel Sinn." Auch bei den Umweltschützern ist die kurze Freude über Gabriels Vorstoß mittlerweile Ernüchterung gewichen. Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sagt: "Die SPD macht ihrem Ruf als Kohlepartei weiterhin alle Ehre."
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