Netanjahus Warnung vor Iran: Atomgefahr aufgebauscht
Israels Ministerpräsident hat bei seinem UN-Auftritt die iranischen Atomgefahr übertrieben dargestellt. Das geht aus einem Mossad-Bericht hervor.
JERUSALEM ap | Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Gefahr des iranischen Atomprogramms bei seinem denkwürdigen Auftritt vor den Vereinten Nationen im Jahr 2012 offenbar übertrieben. Das geht aus einem geheimen Kabel des Geheimdiensts Mossad aus, den die Zeitung The Guardian und der Sender Al-Dschasira veröffentlichten. Demnach hieß es in der Notiz wörtlich: „Der Iran leistet aktuell nicht die Aktivität, die für den Bau von (Nuklear)waffen nötig wäre.“
Ganz anders stellte Netanjahu den Sachverhalt wenige Wochen vor der Niederschrift des Kabels dar. Vor der UN-Vollversammlung holte er während einer Rede überraschend ein im Comic-Stil gehaltenes Diagramm einer Bombe hervor, das eine Steigerung der Urananreicherung durch den Iran zeigen sollte.
Teheran treibe Pläne voran, der ihm binnen eines Jahres oder mehr den Bau einer Atombombe ermöglichen werde, erklärte Netanjahu. Dazu zückte er einen roten Filzstift und zog eine Linie, ab der Israel nach seinen Worten eine weitere Steigerung nicht tolerieren werde: eine Urananreicherung auf 90 Prozent.
Der israelische Geheimdienst hatte allerdings laut Guardian und Al-Dschasira eine weniger alarmistische Einschätzung abgegeben. Zu einer Urananreicherung auf ein höheres Niveau sei der Iran offenbar nicht in der Lage, hieß es in dem Kabel.
In einer Reaktion auf die Medienberichte, erklärte ein israelischer Regierungsvertreter, es gebe „keine Diskrepanz“ zwischen Netanjahus Einschätzung und den unverifizierten Enthüllungen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!