piwik no script img

Netanjahu zur US-WahlTeheran wird zu Oklahoma City

Benjamin Netanjahu hat sich nun doch in den US-Wahlkampf eingemischt. Er will einen Präsidenten, der resolut gegen Iran vorgeht.

Ist mit Obamas Nahostpolitik unzufrieden: der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (rechts). Bild: dpa

WASHINGTON dapd | Knapp zwei Monate vor der US-Präsidentschaftswahl hat sich der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu indirekt in den Wahlkampf eingeschaltet. Er rief die Amerikaner am Sonntag in Interviews mit US-Fernsehsendern auf, einen Präsidenten zu wählen, der zum Ziehen einer „roten Linie“ gegenüber dem Iran bereit sei.

Die Zeit werde knapp, sich gegen das Atomprogramm Teherans zu stellen, sagte Netanjahu. Iran hat erklärt, sein Atomprogramm diene friedlichen Zwecken. Dies zu glauben, wäre töricht, sagte Netanjahu und verglich den Iran mit dem Oklahoma-Attentäter Timothy McVeigh.

Er verwies darauf, dass mangelnde Geheimdiensterkenntnisse verheerende Folgen haben könnten. McVeigh hatte 1995 einen Anschlag auf ein Regierungsgebäude in Oklahoma City verübt, der 168 Menschen das Leben kostete.

„Das ist, als ob Timothy McVeigh in Oklahoma City in einen Laden geht und sagt: 'Ich möchte meinen Garten bearbeiten. Ich möchte Dünger kaufen.' Ich bitte Sie! Wir wissen, dass sie an einer Waffe arbeiten“, sagte Netanjahu.

Zum Handeln ausreichend Zeit

In der vergangenen Woche hatte der israelische Ministerpräsident US-Präsident Barack Obama und die Regierungschefs anderer Staaten aufgefordert klar zu benennen, wann der Iran mit einem Militärangriff rechnen müsse.

Obama und seine Spitzenberater verweisen jedoch auf US-israelische Geheimdienstinformationen, wonach der Iran noch nicht über den Bau einer Atombombe entschieden habe. Zum Handeln bleibe ausreichend Zeit, und alle Optionen lägen auf dem Tisch.

Netanjahu sieht dies anders. Er schätzt, dass der Iran in etwa sechs Monaten einen Großteil des angereicherten Urans haben dürfte, das er zum Bau einer Bombe bräuchte. Teheran zu erlauben, die Ziellinie zu erreichen, hätte nach Ansicht Netanjahus verheerende Folgen.

Dass Geheimdienstinformationen nicht immer ausreichten, sei beispielsweise daran abzulesen, dass die Anschläge vom 11. September 2001 nicht hätten verhindert werden können. Netanjahu hat erklärt, dass er sich aus dem US-Wahlkampf heraushalten will.

Unzufrieden mit Obamas Nahostpolitik

Er hat öffentlich weder für Präsident Obama noch für dessen Herausforderer Mitt Romney Partei ergriffen. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass er mit Obamas Nahostpolitik und insbesondere dessen Haltung gegenüber dem Iran unzufrieden ist.

Romney hat erklärt, er sei bereit, gegenüber dem Iran eine härtere Haltung einzunehmen als Obama. Nähere Einzelheiten nannte er allerdings nicht. Auch persönlich versteht sich Romney gut mit Netanjahu, den er als einen langjährigen Freund bezeichnet hat.

Netanjahu betonte in den Interviews jedoch, dass er keine politische Absichten verfolge. Seine Äußerungen seien schlicht Ausdruck einer besonderen Dringlichkeit des Themas. „Ich glaube, es gibt ein gemeinsames Interesse aller Amerikaner, aller politischen Überzeugungen, den Iran zu stoppen“, sagte er.

„Dies ist ein Regime, das den schlimmsten Impulsen freien Lauf lässt, die man gerade jetzt im Nahen Osten sieht.“ Netanjahu äußerte sich in den Fernsehsendern CNN und NBC.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • S
    Senckbley

    I.Q.: „... deshalb hatte man auch auch bereits Hunderttausende Palästinenser vertrieben,...“

     

    So steht's vielleicht in den Schulbüchern in Gaza.

     

    Tatsächlich war es aber so, dass der palästinensische Hitler-Vertraute Al-Husseini schon im Jahr vor der Unabhängigkeitserklärung im Protektorat eine „Armee des heiligen Krieges“ aufstellen ließ. (Danke übrigens für den Hinweis auf die archivierten „Spiegel“-Artikel, zu Augsteins Zeit waren die nicht so weichgewaschen wie heute. 1947 schrieb man dort in Heft 51: „Unter der grünen Fahne des Propheten werden seine Freiwilligen mit dem „deutschen Gruß“ vereidigt“. Gemeint waren die von Al-Husseini geleiteten Waffen-SS-Divisionen.)

     

    Aber die Geldquellen des 3. Reichs waren ja mit dem Ende der Nazis versiegt, nur in arabischen Staaten fanden sich noch Gönner für Al-Husseinis Miliz. Auch die Syrer mit ihrer „Arabischen Befreiungsarmee“ waren vor der Proklamation der Unabhängigkeit mit mehreren tausenden Kämpfern ins Land eingesickert.

     

    Die Hagana hatten es also schon Monate vor der Unabhängigkeitserklärung mit einem organisierten, bewaffneten Todfeind zu tun und nicht mit einer zivilen Landbevölkerung.

  • B
    brot

    liebe taz, dein antizionistisch-antisemitisches publikum hast du dir redlich verdient. ganz und gar linksalternativ und in der sache bundesdeutscher mainstrean. hans-christian ströbele zum gruße.

  • I
    I.Q

    Nun ja, wenn der Komikerauftritt von Netanjahu von ebenssolchen hier für Geschichtsklitterungen genutzt wird, dann einen kleinen Rückblick:

     

    1948 gab es überhaupt kein von der UN legitimertes "Israel". Das gab es erst ein Jahr später mit der Aufnahme in der UN.

    Legitimert waren nur die Beauftragten der UN-Vollversammlung.

    Einen Überfall auf "Israel" gab es auch nicht, denn der Einmarsch in Palästina am 15 Mai, also für den Tag nach dem Abzug der Briten war bekannt, deshalb hatte man auch auch bereits Hunderttausende Palästinenser vertrieben, damit sie "der erwarteten Front nicht in den Rücken fallen könnten."

     

    soviel zu dem "somariot". Man kann übtrigens im Spiegel von 1948 (online-verfügbar) nachlesen, dass Ben-Gurion damals den erwarteten Angriff von verschiedenen arabischen Staaten nicht fürchtete.

    Er wußte ja, wen die Briten da an die Macht gebracht hatten.

  • S
    Senckbley

    Ute: „...als Staatsoberhaupt eine Landes, das durch Terror entstanden ist.“

     

    Meinen Sie den ohne Kriegserklärung stattfindenden Überfall von fünf arabischen Staaten auf das von der UN legitimierte Israel im Jahr 1948? Oder doch eher das Massaker von Hebron 1929 mit 67 ermordeten Juden? Meinen Sie die Bombenanschläge auf völlig unschuldige Menschen in Restaurants, Schulbussen und Discos durch „palästinensische“ Fanatiker?

  • A
    antizion

    @SomaRiot

    Die Entstehung eines Staates hat seine eigene Dynamik.

    Ein Volk und seine Geschichte im kulturellen Zusammenhang natürlich, bringt eine Form des Staates hervor, der durch ein Klassenkampf entsteht.

    Andere Formen nämlich Nationenbildung und einen Staat zu installieren, setzt vorraus, dass von Aussen durch Gewalt, die vorhandene Nationen und Völker und deren Werte zerstören und daraus eine neue Nation bilden, die ihre eigene Werte verloren hat und deswegen leicht zu beherrschen ist(keine Werte, keine Kampf für diese Werte). Und natürlich mit Institutionen, die die Interessen der bestimmten Kräften sicher stellen. Diese Art von Staatenbilden nennt man Kolonalisieren.

    Da der Staat Israel auf diese Weise nämlich durch Gewalt von Aussen auf das palästinensische Volk und dessen Vertreibung und Unterwerfung entstanden ist, ist Israel eine Kolonialmacht.

    Es gibt einen Berechtigten Widerstandskampf gegen diese Kolonisierung durch Zionisten, welche durch UNO Charta ausdrücklich als Selbstverteidigung legitimiert ist.

    In dem Sinne kann die Kampf der Palästinenser gegen die Bestzungsmacht Israel keine Terrorakt, sondern eine Selbstverteidigung ist.

  • R
    R,J

    Wie üblich folgen hier den kommentaren zur Sache, jene, die über andere lediglich herzuziehen wissen.

     

    Hat diese haraldische Stimme von was für einer Demokratie außer somatischen verbalen Riots auch etwas über das Thema USA, Wahl, Netanjahu und Iran zu sagen?

  • S
    SomaRiot

    Mein Gott, Ute. Da fragt man sich wirklich, ob Antismemitismus dumm macht, oder umgekehrt. Der Mann vertritt einfach die tatsächlichen oder vermeintlichen Interessen seines Landes. Das ist sein Job. "Staatsoberhaupt eines Landes, das durch Terror entstanden ist". Wenn Sie Gewalt meinen, dann überlegen Sie sich mal, wie viele Staaten ohne Gewalt entstanden sind. In diesem Sinne ist jede frühere Kolonie durch Terror entstanden und auch ein zukünftiges Palästina wird durch Terror entstanden sein. Aber immer feste druff auf den Juden unter den Staaten...

  • H
    Harald

    @Ute

     

    "Und das als Staatsoberhaupt eine Landes, das durch Terror entstanden ist."

     

    Wir sind ja meist nicht einer Meinung, aber hier muss ich dir ausdrücklich zustimmen:

    Ohne den nationalsozialistischen Terror und den Völkermord an den europäischen Juden wäre der Staat Israel wohl kaum in der heutigen Form entstanden.

     

    Heute sind es wieder mehr denn je Deutsche, die taztäglich veranschaulichen, weshalb es diesen Staat als Schutzraum und Heimstatt für Juden gibt.

     

    Die Teheraner Priester versprechen Israel wöchentlich die Vernichtung, die Auslöschung. Dieses rein religiöse Ansinnen löst hierzulande selbst noch bei vielen Urenkeln der Täter von einst, eine merkwürdige Erregung aus.

     

    Daran ist erkennbar, wie tief sich die jahrtausendalte Tradition im Umgang mit Juden, im kollektiven Bewusstsein vieler Deutscher erhalten hat.

     

    Und jetzt kommt einfach der Jude Netanjahu ungefragt daher und will diesen folkloristischen Spaß nicht mitmachen. Wie zutiefst undemokratisch das ist, wird ja schon am Kräfteverhältnis der Wähler deutlich: Da weigern sich 17 Millionen Israelis gegenüber 300 Millionen Arabern/Muslimen, durch ihr Verschwinden endlich für Frieden und Gerechtigkeit zu sorgen.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Ich darf mal die Netiquette außen vor lassen...

    Gonzi, Du bist ein wiederlicher Antisemit und die TAZ hat solche Leser wie Dich verdient.

  • I
    I.Q

    Eigentlich ist eine Betrachtung für sich, inwieweit dieser Benjamin, dessen Vater entschied, Netanjahu als Familiennamen anzunehmen, um Herkunftsspuren zu verwischen, einem Timothy McVeigh gleicht.

     

    Auffallend ist aber seine Energie, mit der er darauf hinarbeitet, das grundlegende Nah-Ost-Problem vergessen machen zu wollen. Oder hat er irgendwann erklärt, darin läge ein dringliches Problem für Tel-Aviv, das es gerne gelöst hätte?

     

    Fast ein Jahr nach der Bekundung der Palästinenser, Mitgliedschaft in der UNO suchen zu wollen, hat sich nichts getan, außer, dass weiterhin und noch unverschämter gesiedelt wird.

     

    Und nun fragt sich, was wird passieren, wenn Obama wiedergewählt ist?

     

    Wird der dann nicht eher den Iran "vergessen" müssen?

  • A
    Ant-iPod

    Wann werden die Menschen lernen, dass man Konflikte auch ohne Gewalt beilegen kann?

  • U
    Ute

    Vielleicht hat die Mehrheit in den USA gar keinen Bock mehr auf noch einen Krieg?

    Dann geht der Schuss nach hinten los und überhaupt, der Mann tut so, als wäre er der UN-Sicherheitsrat und der Internationale Gerichtshof in einem.

     

    Und das als Staatsoberhaupt eine Landes, das durch Terror entstanden ist.

  • A
    anke

    Wäre mal interessant zu erfahren, ob sich DIE Amerikaner vom Ministerpräsidenten eines fremden Landes eher Vorschriften machen lassen, als vom demokratisch gewählten Repräsentanten des eigenen Volkes. Ich hoffe, die taz bleibt dran. Umfragen zum Thema wird es ja vermutlich geben.

     

    Dass Netanjahu die Amis gerne für seine Ziele einspannen würde, ist verständlich. Unverständlich wäre mir, wenn sich die Amis mehrheitlich vor einen Karren spannen ließen, der nicht ihrer ist und der eigentlich auch nur tief im Dreck stecken bleiben kann. Ich finde ja, sie haben schon zu viele von ihren Jungs und Mädels geopfert für die verrückten Ideen größenwahnsinniger Herrscher. Was ich glaube, spielt aber (hoffentlich) erst recht keine Rolle. Ich, schließlich, repräsentiere außer mir selber überhaupt niemanden. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste...

  • G
    Gonzi

    Netanjahu hat sein Pulver schon längst verschossen, zudem erinnert der Ölpreis daran, dies hat auch Folgen, die man selbst im Westen spürt.

    Auch man nimmt diesem Mann nicht die Sorge um Menschenrechte im Iran ab, denn mit Diktaturen kann Israel, wichtig nur, sie unterstützen oder dulden israelische Politik.

    Dann noch mit der Kubakrise aufzuwarten, war auch unklug von ihm, denn der Verzicht der Sowjetunion auf Raketen vor der US-Küste verlangte Gegenleistungen.

    Zu einem atomwaffenfreien Israel aber ist Netanjahu nicht bereit, das aber passt nicht zu den Aussagen westlicher Politiker, es müsse alles getan werden, um Teheran davon abzubringen, einen Atombombe zu besitzen.